CDU:Die Frauenquote ist eine Zäsur für die Union

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Frauenquote bei der CDU: Erstmal nur eine Satzungsänderung. Aber eine, die Wirkung entfalten kann. (Foto: IMAGO/Political-Moments)

Friedrich Merz, einst Superheld der konservativen Hardliner, hat etwas erreicht, was seine Vorgänger und Vorgängerinnen nie geschafft haben. Die Entscheidung war überfällig.

Kommentar von Boris Herrmann

Als Friedrich Merz merkt, dass es eng werden könnte für seinen Plan, die Frauenquote in der CDU einzuführen, bemüht er sich für den Fall der Fälle schonmal ein bisschen um Schadensbegrenzung. In seinem Abschlussstatement vor der Abstimmung nennt er den von ihm vorgeschlagenen Eingriff in die Parteisatzung "minimalinvasiv". Die Quote sei "bei Weitem" nicht das wichtigste Thema bei diesem CDU-Parteitag. Da kann man sich nur fragen: Warum so bescheiden?

Die Einführung einer verpflichtenden Frauenquote ist eine Zäsur für diese Partei. Ausgerechnet Merz, der ehemalige Superheld der konservativen Hardliner, hat etwas geschafft, was alle seine Vorgänger und Vorgängerinnen nie geschafft haben oder gar nicht erst schaffen wollten. Er hat etwas, das in einer idealen Welt eine Selbstverständlichkeit sein müsste, in den Regularien der CDU festschreiben lassen: Frauen und Männer sind gleichberechtigt und deshalb zu gleichen Teilen an den Vorstandsposten dieser Volkspartei zu beteiligen. Diese Quote ist richtig und sie ist überfällig. Es hat all die Jahrzehnte mit Selbstverpflichtungen und Soll-Bestimmungen nicht funktioniert, deshalb muss es jetzt halt mit etwas mehr Druck klappen.

Die sehr spezielle Welt der CDU Deutschlands ist in dieser Hinsicht bislang alles andere als ideal. In keinem einzigen Bundesland steht eine Frau an der Spitze der Partei. Es gibt keine CDU-Ministerpräsidentin mehr. Und an der Basis sind die Männer erst recht unter sich. Gerade einmal zwölf Prozent der CDU-Kreisverbände werden von Frauen geführt. Man muss Friedrich Merz an dieser Stelle aber gar keine radikalemanzipatorischen Anwandlungen unterstellen. Er kennt die Umfragen und studiert die Wählerpotenzialrechnungen. Er hat schlichtweg erkannt, dass mit einem unverbesserlichen Männerverein wie diesem auf Dauer keine Wahlen zu gewinnen sind.

Nun lässt sich darüber streiten, ob eine Quote der beste Weg ist, um die CDU für Frauen attraktiver zu machen. Am Freitagabend wurde auf dem Parteitag in Hannover sogar heftig darüber gestritten. Beide Seiten machten in der Sache nachvollziehbare Punkte geltend, aber die Quotengegner und vor allem die Quotengegnerinnen trugen ihre Argumente deutlich überzeugender vor. Man kann wohl sagen: Wenn die CDU-Schatzmeisterin Julia Klöckner und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther am Ende nicht beherzt in die Diskussion eingegriffen und die Stimmung im Saal gedreht hätten, wäre die Abstimmung anders ausgegangen. Für Friedrich Merz wäre es die erste schwere Niederlage als Parteivorsitzender gewesen. Verloren hätte aber damit die gesamte CDU.

Die gestaffelte Quotenregelung, die vom Parteitag nun beschlossen wurde, ist zunächst einmal nur ein Paragraf in einer Satzung, die sich aus gutem Grund nur Feinschmecker durchlesen werden. Diese Zeilen haben keine unmittelbare Außenwirkung, aber sie können irgendwann eine entfalten. Die CDU Deutschlands drückt damit nämlich ein Ziel aus. Sie zeigt, dass sie zumindest willens ist, sich zu ändern. Dass sie keine Partei mehr sein will, in der die alten Männerbünde das Wesentliche unter sich aushandeln - und die Frauen gerne mitmachen dürfen, wenn es gerade passt. Von diesem Sinneswandel dürfte vielleicht auch die eine oder andere Wählerin etwas mitbekommen.

Mal unabhängig davon, dass sich ähnliche Regelungen bei Teilen der politischen Konkurrenz längst bewährt haben: Was wäre das für ein Signal gewesen, wenn die CDU im Jahr 2022 gegen die Frauenquote gestimmt hätte?

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