In Deutschland darf künftig also offiziell gekifft werden. Der Bundestag hat am Freitagnachmittag ein entsprechendes Gesetz beschlossen, und um es gleich deutlich zu sagen: Es ist ein wirklich schlechtes Gesetz. Aber dass es beschlossen wurde, ist trotzdem eine gute Nachricht.
Die Regelungen, die für den Cannabis-Konsum in Deutschland fortan gelten sollen, sind umständlich, kleinteilig und bisweilen lebensfremd. Es gibt Einschränkungen nach allen denkbaren Parametern: Uhrzeiten, Orte, Bezugsquellen. Auch unter erwachsenen Freunden darf nicht geteilt werden, jeder muss sich also sein eigenes Cannabis besorgen. Wenn man die Auflagen ernst meint, muss man sie auch alle kontrollieren - viel Spaß auf der nächsten Feier vom Karnevalsverein oder beim Besserverdiener-Spieleabend in Berlin-Mitte. Die Beschwerden von Polizei und Justiz, dass sie da kaum hinterherkommen werden, sind mehr als nachvollziehbar.
Die Menschen haben doch bereits ihre eigene Entscheidung getroffen
Trotzdem ist dieses Gemurkse ein Schritt in die richtige Richtung. Zum einen, weil es zumindest im Grundsatz anerkennt, dass Menschen in der Cannabis-Frage ohnehin längst ihre eigene Entscheidung treffen. Wer kiffen will, der kifft. Zum Zweiten, weil mit der Legalisierung zahlreiche Maßnahmen zum Jugendschutz einhergehen sollen, vor allem in Sachen Aufklärungsarbeit, die man sich schon viel früher gewünscht hätte. Denn genau wie Rauchen oder Alkoholkonsum ist Cannabis für junge Menschen besonders schädlich. Wenn man sicherstellt, dass sie das auch in vollem Umfang wissen, verbessert das die Chancen, dass sie sich gegen den Konsum entscheiden - oder zumindest das Risiko einschätzen können. Zudem wird, auch wenn das Vertriebssystem recht umständlich ist, der Konsum sicherer: Cannabis mit einem Beipackzettel, der über Sorte und THC-Gehalt informiert, ist besser als Stoff vom Kleindealer aus dem Park.
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Eine Liberalisierung in der Drogenpolitik ist aber noch auf anderer Ebene ein gutes Signal: In der Corona-Pandemie hat sich das Verhältnis zwischen Bürgern und Staat verändert. In weiten Teilen gab es dafür gute Gründe, schließlich hatte man es mit einer bis dahin nie gekannten Bedrohung zu tun. Niemand konnte sofort sagen, welche Maßnahmen zur Bekämpfung des Virus angemessen waren und welche nicht. Aber in diesem Chaos etablierte sich auch eine staatliche Wir-wissen-was-richtig-für-euch-ist-Haltung, die vor der Pandemie niemals akzeptiert worden wäre. Deshalb ist es gut, dass mit der Cannabis-Legalisierung nun ein Gesetz beschlossen worden ist, das die Entscheidungsfreiheit der Bürger vergrößert, statt sie zu beschneiden. Es ist auch ein Beitrag, um den zwischenzeitlichen Trend zur staatlichen Überfürsorge wieder umzukehren.
Gesund und drogenfrei durchs Leben zu gehen, muss nicht für jeden erstrebenswert sein
Die Freiheit des Einzelnen ist ein Wert an sich. Zu dieser Freiheit gehört, für den eigenen Körper Entscheidungen treffen zu können, die andere Leute nicht gut finden. Gesund, drogenfrei und leistungsfähig durchs Leben zu gehen, mag für die meisten Menschen aus guten Gründen erstrebenswert sein. Aber es muss auch in Ordnung sein, den eigenen Körper lieber für größtmögliches Vergnügen zu verbrauchen - sei es durch ungesundes Essen, Hochrisikosport oder zu viel Gras am Freitagabend. Deshalb ist die Cannabis-Legalisierung eine gute Sache. Sogar für die, die gar nicht kiffen wollen.