Tatort aus Köln:Der Nikolaus ist tot

Lesezeit: 2 Min.

Natalie Förster (Tinka Fürst, re.) geht als verdeckte Ermittlerin auf Liefertour mit Kurierfrau Jenny Wegner (Paula Kober). (Foto: Martin Valentin Menke/WDR/Bavaria Fiction GmbH)

Im Kölner "Tatort" stirbt ein Paketbote und die Vorweihnachtszeit ist auch sonst die Hölle. Eine spannende Episode.

Von Claudia Tieschky

Die Ausgangslage für diesen Kölner Tatort ist denkbar schlecht: Gewalt muss es schon sein, schließlich ist es der Sonntagskrimi. Andrerseits ist erster Advent, und deswegen besteht für das unbedingt zu berücksichtigende Soziotop im Revier zwischenmenschliche Wärmeverpflichtung. Weil man beides eh nicht zusammenbringt, lässt diese Folge den Versuch gleich ganz. Es ist ein bisschen wie zwischen zwei Filmen zu switchen: einem mit blutigem Messer und totem Paketboten. Und einem, in dem Ballauf (Klaus J. Behrendt) weihnachtswichteln muss und Schenk (Dietmar Bär) beim Shopping ungläubig auf das Preisschild einer Handtasche starrt ("So viel hab' ich für meinen ersten Wagen bezahlt - Nee, Susanne").

Auch bei Schenks aktuellem Wagen mit H-Kennzeichen hat es nicht zu allem gereicht, jedenfalls fahren die Kommissare ernsthaft ohne Anschnallgurt durch Köln. Triggerwarnung deutscher Tatort: keine anstößige Sprache, aber Verstoß gegen die Verkehrsordnung.

Die Wissenschaft hat Fernsehzukunft, kann man den Kindern nur sagen

Im Zentrum steht diesmal die Kriminaltechnikerin Natalie Förster (Tinka Fürst), sie wird als verdeckte Ermittlerin in die Speditionsfirma des toten Paketmanns eingeschleust, während die anderen wichteln. Da liegt was in der Luft: Die Hauptrolle im Stuttgarter Tatort vor zwei Wochen hatte ja auch der Gerichtsmediziner Daniel Vogt. Übernächste Woche ist dann Münster dran, da schmeißt Rechtsmediziner Boerne ohnehin die Show. Die Wissenschaft hat Fernsehzukunft, kann man den Kindern nur sagen, dann müsst ihr später mal auch nicht in einer Karre ohne Gurt fahren. Aber aufgepasst, trotzdem gewinnt dieser Tatort (Buch Paul Salisbury, Regie Nina Wolfrum) mit der Zeit etwas sehr Erfreuliches: Spannung.

Das Weihnachtskommissariat: von rechts Max Ballauf (Klaus J. Behrendt), Natalie Förster (Tinka Fürst), Freddy Schenk (Dietmar Bär) und Norbert Jütte (Roland Riebeling). (Foto: Martin Valentin Menke/WDR/Bavaria Fiction GmbH)

Bei dem Paketdienst ist was faul - und damit ist nicht gemeint, dass der Cast für die prekär Beschäftigten anderswo als junge Ärzte oder so was durchgehen könnte. Natalie Förster fährt die Tour zusammen mit der abweisenden Jenny Wegner (eine unglaublich präsente Paula Kober) und durchwühlt nachts die Akten der Patronin, die schwer nach harten Jahren aussieht (auch sehr toll: Susanne Bredehöft). Stark ist "Des anderen Last" nicht dort, wo es ein Sozialdrama der ausbeuterischen Kurier-Branche sein will (da hat Bjarne Mädel mit seinem Film Geliefert den Maßstab gesetzt) oder kritisch auf den Versandkonsum schaut. Sondern da, wo der Film einfach von zwei als Nikolaus verkleideten jungen Frauen in einem abgeranzten Lieferwagen erzählt, die sich frech und schlagfertig beistehen, sich vorsichtig annähern, beide nicht ehrlich zueinander sind. Davon hätte man gern mehr gesehen. Und ab da wird es interessant.

Das Erste, Sonntag, 20.15 Uhr.

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