Dieser Tatort aus Köln zerfällt spannungsmäßig in zwei Teile, leider werden viele den zweiten nicht sehen, weil der erste so unerträglich ist.
"Weiter, immer weiter" beginnt mit einer nächtlichen Verkehrskontrolle, die unschön endet, weil der unter Drogen stehende junge Autofahrer panisch wegrennt, direkt vor die Straßenbahn, er ist sofort tot. Gehetzt haben ihn böse Russen, der Verkehrspolizist Lorenz (Roeland Wiesnekker) hat's gesehen und er kann sie sogar beschreiben, ihr Auto, die Tattoos. Es ist schnell klar, dass Lorenz die Hauptfigur der Episode werden soll, ein ungewaschen aussehender Pechvogel, der lieb sein will, aber beachtliche Aggressionsschübe hat. Der Beamte Lorenz ist vor vielen Jahren auf der Suche nach dem Glück von Köln bis nach Düsseldorf gekommen, jetzt ist er zurück und degradiert, und als die Kommissare Max Ballauf und Freddy Schenk, die in der Sache wirklich keinen Mordfall sehen, beim Toten unter der Straßenbahn eintreffen, kreischt dieser Lorenz begeistert: "Schenki!!" Man kennt sich von früher.
Was den Fall betrifft: Da ist der Tote, von dem man so gut wie nichts weiß, die Russen sind mutmaßlich Mafia, es gibt noch einen Drogensüchtigen, der ständig die Augen zukneift, außer er ballert. Lorenz' Leben kommt einem immer noch schlimmer vor, die Polizei immer noch kaputter und dann tanzt eine jung gebliebene Alte in Schenkis Stammkneipe lasziv zu "Nights in White Satin". So etwas brüllend Langweiliges hatte nicht mal die Eingangsszene mit den depressiven Verkehrspolizisten erwarten lassen. Immer wenn man denkt, es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein neues Elend her.
"Vielleicht geben wir einfach zu schnell auf", sagt Schenk (Dietmar Bär) irgendwann zu Ballauf (Klaus J. Behrendt), und wenn man es in diesem leblosen Schmarrn bis da geschafft hat, liebe Zuschauer, dann kann man sich getrost dasselbe sagen und durchhalten! Denn das Schlimmste ist vorbei, die Sache nimmt Fahrt auf, Schenk holzt mit Temperament los und Ballauf ist umglänzt von einer in vielen Dienstjahren erworbenen, keineswegs unsympathischen Gottvaterhaftigkeit. Die Handlung leuchtet allmählich ein, wird spannend, überraschend, aus dem Fall, der keiner ist, wird vielleicht ein ganz fetter Fall, bei dem in den eigenen Reihen ermittelt werden muss.
Man ahnt jetzt, wieso einem dieser Anfang von Buch (Arne Nolting, Jan Martin Scharf) und Regie (Sebastian Ko) zugemutet wurde. Nur: Musste das sein? Es endet dann so, wie es im Tatort enden muss, aber ganz anders als befürchtet.
Das Erste, Sonntag, 20.15 Uhr.