"Tatort" aus Kiel:Kommissar, ans Telefon!

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Bleibt im Bett, jedenfalls offiziell: Borowski (Axel Milberg) ermittelt diesmal vom Krankenhaus aus. (Foto: Thorsten Jander/NDR/ARD)

"Borowski und die große Wut" arbeitet gebührensparend mit Kopfkino. Und einem Hauch Dschungelcamp.

Von Claudia Tieschky

In diesem Tatort stecken eigentlich zwei Filme, was gut fürs Preis-Leistungs-Verhältnis ist, aber doch auch verwirrend. Stimmungsbild eins: Komödie, die sich um tollpatschigen Kollegen und geliebten Kommissars-Volvo dreht, um Weinchen und Flirtchen, leichtestes Unterhaltungsfach, Fernsehen wie aus einer alberneren Zeit. Stimmungsbild zwei, das ist hammerschwer.

Beides wechselt munter durch und Axel Milberg, also der gewitzte Borowski, schafft es natürlich, in beidem die Hauptrolle zu spielen, obwohl er eigentlich nur im Krankenhausbett liegt oder höchstens mal konspirativ beim Klinikfloristen das Festnetz benutzt, unter exotischen Pflanzen, als wäre er plötzlich im Dschungelcamp.

Das Telefon ist wichtig in der Episode "Borowski und die große Wut" (Buch Eva Zahn und Volker A. Zahn, Regie Friederike Jehn). Das Telefon ist die Verbindung zu Celina, einem Teenager mit unkontrollierbaren Aggressionsschüben. Celina hat mitten im schönen Kiel eine Frau vom Gehsteig unter einen Laster geschubst. Celina hat mutmaßlich ihre Großmutter erstochen, eventuell auch Borowski auf die Intensivstation gebracht. Und jetzt ist sie mit ihrer kleinen Schwester irgendwo da draußen auf der Flucht und sehr, sehr wütend, mit Grund. Aber Celina - das ist der Kniff in der Story - ruft auch immer wieder bei Borowski an. Nach kurzer Bedenkzeit verliert sich interessanterweise der Zweifel, ob das glaubhaft ist, diese Standleitung von Desperado-Mädchen zu Kommissar. Der Film hat überhaupt ein paar erstaunlich unbesorgte Fügungen, Dinge sind einfach so, aber diese surreale Leichtigkeit hat sich der Kiel- Tatort vielleicht ja erarbeitet, schließlich ging hier schon mal jemand durch Wände.

Und immer noch hat Borowski nicht das Quartier gewechselt, aber nun tritt Maren Puttkammer (Sophie von Kessel) in sein Krankenhausleben, und das ist eindeutig ein Gewinn. (Foto: Thorsten Jander/NDR/ARD)

Was eigentlich passiert, sieht man nur im Kopfkino und zwar radikal durchgezogen: Celina ist am Anfang kurz mal eine Gestalt mit Kapuze, dann nur noch eine Stimme. Auch das ist natürlich finanzierungsfreundlich. Trotzdem denkt man nicht, oh, ist das billig (außer bei dem Funkmast in Landschaft, immer wieder wenn Celinas Handy geortet werden soll). Man denkt: Borowski, mach bloß keinen Fehler mit dem Mädchen. Schön vorsichtig.

Von Mila Sahin (Almila Bagriacik) sieht man diesmal hauptsächlich professionelle Ermittlungsarbeit. Dafür taucht Sophie von Kessel in einer Eins-a-Nebenrolle als Krankenhausbekanntschaft auf, trägt schön bunte Gewänder, klaut Borowskis Rotwein und singt "I got Life" aus "Hair" am Krankenhausklavier. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.

Das Erste, Sonntag, 20.15 Uhr.

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