"Tatort" aus Saarbrücken:"Wetten, dass ...?"

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Unter Wettenden: Vladimir Burlakov als Hauptkommissar Leo Hölzer. (Foto: SR/Manuela Meyer)

Die SR-Episode aus dem Zockermilieu illustriert einerseits die Gegenwart, in der permanent alles mit allem verglichen wird. Andererseits ist sie ziemlich museal geraten.

Von Holger Gertz

Das Beziehungsgeflecht der saarländischen Tatort-Kommissare Leo Hölzer (Vladimir Burlakov) und Adam Schürk (Daniel Sträßer) ist einigermaßen vielschichtig, deshalb nur das Wesentliche, was man für diesen Tatort noch aus der vergangenen Folge wissen muss: Schürks Vater hat dem Sohn 1,2 Millionen Blutgeld hinterlassen. Von diesem Batzen zweigt der Kollege Hölzer 100 000 Euro ab und schleust sich damit in eine Gang junger Spielwütiger ein. (Dass das so geschmeidig klappt, ist komplett unglaubwürdig, aber mit dem verfluchten Geld geht irgendwie alles.) Ganz am Anfang ist auch noch eine Frau tot, aber dieser Handlungsstrang verliert sich, weil die wilde Fahrt der kicksüchtigen und tatverdächtigen Wetter beziehungsweise Wettenden in den Blick genommen wird. Zwei Männer, zwei Frauen: Es geht um hohe Summen und manchmal ums Leben, wenn darauf gewettet wird, wer am längsten die Luft anhält, wer wen ins Bett kriegt, wer wessen Puls auf über hundert quatscht. Man kann im Prinzip auf alles wetten: ein Tausender darauf, dass die Taube da drüben in den nächsten zehn Sekunden nicht wegfliegt.

Die rennenden Kommissare sehen aus, als würden sie die Bundesjugendspiele nachspielen

Autor Hendrik Hölzemann und Regisseur Christian Theede erzählen mit "Der Fluch des Geldes" wieder eine Geschichte für das junge Tatort-Publikum, also eine Generation, die darauf getrimmt ist, permanent zu vergleichen und verglichen zu werden. In den sozialen Medien konkurriert jeder mit jedem, die atemlose Wetteiferei der Zocker in diesem Tatort illustriert die Gegenwartsstimmung ganz gut. Andererseits ist der Tatort aber null auf der Höhe der Zeit. Die Kommissare werden so ausgiebig ausgeleuchtet, dass die Kommissarinnen nur Beiwerk bleiben - ein erstaunlich museales Figurentableau. Wenn außerdem ständig Musik - wispernd, raunend, lärmend, alarmierend - über der Szene liegt, ist das selten ein gutes Zeichen. Endlos rennen die Kandidaten durch eine düstere Fabrikhalle, aber trotz aller dräuenden Musik sehen sie dabei aus, als würden sie die Bundesjugendspiele nachspielen. Und man weiß nicht, ob da tatsächlich Spannung herbeiinszeniert werden soll oder doch nur die Parodie von Spannung. Als einer der Glückssucher sagt: "Was man nicht im Kopf hat, das hat man in den Beinen" - da ist der auf gegenwartstauglich getrimmte Tatort dann sprachlich im Zeitalter von Altkommissar Max Palu gelandet.

Am Ende tritt noch mal die Taube ins Bild, Inspektor Hölzer zählt den Countdown runter, aber die Taube wartet nicht bis null und macht vorzeitig die Flatter. Wer will es ihr verdenken?

Das Erste, Sonntag, 20.15 Uhr.

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