Der Deutsche Presserat in Berlin hat am Dienstag sämtliche 18 Beschwerden zur Verdachtsberichterstattung der Süddeutschen Zeitung über die Flugblatt-Affäre um Hubert Aiwanger als unbegründet zurückgewiesen. Der Beschwerdeausschuss des Presserates befand, die SZ-Veröffentlichungen zum Fall Aiwanger seien inhaltlich wie auch presseethisch nicht zu beanstanden. Aiwanger selbst hatte diese als "Schmutzkampagne" bezeichnet.
Die ausführliche Begründung des Presserats soll in einigen Tagen vorliegen, die SZ wird diese dann ausführlich dokumentieren. Der Deutsche Presserat erklärte am Dienstag, an der Aiwanger-Verdachtsberichterstattung habe "ein erhebliches öffentliches Interesse" bestanden. "Die Vorwürfe standen in eklatantem Widerspruch zu Aiwangers Ämtern als Wirtschaftsminister und stellvertretender Ministerpräsident Bayerns", und auch wenn die Vorgänge aus Aiwangers Jugendzeit stammten, "waren die Vorwürfe so gravierend, dass darüber berichtet werden durfte, ohne seinen Persönlichkeitsschutz zu verletzen", so Presserats-Sprecherin Sonja Volkmann-Schluck.
Zurückgewiesen wurden Vorwürfe, die SZ habe die journalistische Sorgfaltspflicht verletzt. Der Redaktion hätten vielmehr "von Anfang an hinreichende Anhaltspunkte für den geäußerten Verdacht" vorgelegen. Auch sei Aiwanger "ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben" sowie Entlastendes berücksichtigt worden. Der Vorwurf einer Vorverurteilung treffe nicht zu. Abgewiesen wurde auch die Beschwerde, die Redaktion habe kurz vor der Landtagswahl "Kampagnenjournalismus" betrieben. Der Presserat, so Sprecherin Volkmann-Schluck, habe deutlich gemacht, "dass Redaktionen über den Zeitpunkt der Berichterstattung selbst entscheiden".
Die im Ausschuss des Presserats behandelten Beschwerden betrafen die Artikel "Aiwanger soll als Schüler antisemitisches Flugblatt verfasst haben", "Das Auschwitz-Pamphlet" sowie "Lügen, Schweigen, Abtauchen" und "Söders Dilemma" in der Süddeutschen Zeitung beziehungsweise auf sueddeutsche.de. Sie waren zwischen dem 25. und 28. August 2023 erschienen.
Exklusiv Belastendes Dokument:Aiwanger soll als Schüler antisemitisches Flugblatt verfasst haben
Bayerns Vizeministerpräsident verbreitete in seiner Jugend offenbar rechtsextremes Gedankengut. Das legt ein Schriftstück nahe, das nun aufgetaucht ist. Der Freie-Wähler-Chef dementiert, so etwas produziert zu haben, und spricht von einer "Schmutzkampagne".
Exklusiv Bayern:Das Auschwitz-Pamphlet
Seit Wochen steigen die Umfragewerte von Hubert Aiwanger. Aber jetzt ist da dieses Flugblatt, das er als Siebzehnjähriger geschrieben haben soll, eine Hetzschrift, in der es um das "Vergnügungsviertel Auschwitz" geht, um antisemitische Fantasien. Bayerns Wirtschaftsminister lässt bestreiten, so etwas produziert zu haben.
Hubert Aiwanger:Söders Dilemma
Seit Aiwangers Bruder gesagt hat, dass er der Verfasser des Auschwitz-Pamphlets gewesen sei, stellen sich noch mehr Fragen. Sollte es so sein: Warum hatte Hubert Aiwanger es dann in der Tasche, warum ließ er sich dafür bestrafen? Sicher ist: In Bayern gerät dadurch jetzt vieles ins Wanken.