Netflix-Serie "Kleo":Bäng Bäng

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Kleo (Jella Haase) zückt hier nur die Finger-Knarre, scheut aber nicht vor schwereren Geschützen zurück auf ihrem Rachefeldzug. (Foto: Julia Terjung)

Jella Haase geht in "Kleo" als Stasi-Killerin auf Rachefeldzug. Warum das mehr ist als nur eine schillernde Hommage an die wütende Frau.

Von Christiane Lutz

Wenn sie nur wüsste, wen sie da gekillt hat. Damals, 1987, im Berliner Club "Big Eden". Fragen stellen aber gehört nicht zum Job. Kleo (Jella Haase) ist Auftragskillerin der Stasi, und obwohl der Mord nach Plan verläuft, läuft danach nix mehr für Kleo. Jemand verrät sie, sie kommt ins Gefängnis. Dann kommt die Wende, die DDR ist weg, die Stasi auch. Also will Kleo rausfinden, wer sie ins Gefängnis gebracht hat. Und diese Geschichte erzählt die Netflix-Serie "Kleo".

In acht Folgen marschiert Kleo wütend von einem hohen Tier zum nächsten: Sorry, war nicht zuständig, nur Befehle ausgeführt. Brabbelnd rührt Kleo Giftkuchen an und vernäht singend Sprengstoffsätze in Klamotten. Wenn's sein muss, fliegt sie nach Mallorca, um einen ehemaligen Stasi-Häuptling zu erledigen.

Diese Frau würde man sofort anheuern, gesetzt den Fall, man plante, jemanden zu liquidieren

Frauen, die sich blutrünstig rächen und dabei cool aussehen, die kennt man spätestens, seit Quentin Tarantino Uma Thurman in "Kill Bill" auf ihren Peiniger losgelassen hat. Kleo ist trotz ihrer leicht sozialistischen Biederkeit auch eine Verneigung vor Tarantino, wie sie im Gefängnisanzug überirdische Kampf-Moves ausführt, die hier nicht mit Nancy Sinatra, sondern mit der DDR-Band Panta Rhei unterlegt sind.

Aber Kleo ist mehr als eine angry young woman. Sie ist getrieben von einem tiefen Moralempfinden, vom Wunsch, Gerechtigkeit für sich herzustellen. Von Emotionalitäten lässt sie sich kaum beirren, marschiert pragmatisch an Freunden und Männern vorbei Richtung Vergeltung. Auf das obligatorische Liebesgeplänkel und, so viel sei verraten, das Thema Mutterschaft aber traut sich die Serie dann doch nicht ganz zu verzichten, was etwas schade ist, weil Kleo offensichtlich sehr gut allein klarkommt und nicht jeder Konflikt im Leben einer Frau zwangsläufig etwas damit zu tun haben muss. Jella Haase jedenfalls changiert so mühelos zwischen Killerin mit Kindchenschema und enttäuschter Frau, dass man sie sofort anheuern würde, gesetzt den Fall, man gedächte, jemanden zu liquidieren.

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Obwohl "Kleo" von der Wendezeit erzählt - von einstigen Stasi-Mitarbeitern, die jetzt mit den Amis Geschäfte machen ("Binz wird das LA des Ostens"), vom anarchischen Berlin und von Behörden, in denen einfach weiter DDR gespielt wird -, ist die Serie kein politisches Wendedrama, sondern Unterhaltung. Leise klingt nur die Frage an, wer Verantwortung übernimmt, wenn vermeintlich sicher Geglaubtes plötzlich zusammenbricht. Und dann ist da auch noch der Polizist Sven Petzold (Dimitrij Schaad). Ein Westberliner Beamter, nur vom Style her Miami Vice, der sich an Kleos Fersen heftet, stets die obligatorische Sekunde zu spät.

Ausgedacht haben sich diese Stasi-Action-Komödie mit feministischen Girlanden Hanno Hackfort, Richard Kropf und Bob Konrad, die auch "4 Blocks" erfunden haben. Ihre vielen Knallerideen führen zwischendurch zu einer gewissen Unentschlossenheit in Tempo und Temperatur der Serie. Aber vor allem, weil die fulminante Jella Haase mit dem nicht weniger fulminanten Dimitrij Schaad ein Albtraum-Team zum Knutschen bildet, funktioniert die Serie. So gut, dass sie sogar Stephen King als "breath of fresh air" empfohlen hat. Und der versteht ja nun wirklich was vom Geschichtenerzählen.

Kleo, acht Folgen, Netflix

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