Tatort "Murot und das Paradies":Gott bitte ans Telefon

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Einsamer Glückssucher: Bevor er in dieser Art Badewanne landet, hat es Murot (Ulrich Tukur) auch ganz klassisch beim Analytiker versucht. (Foto: Bettina Müller/HR)

Im ersten "Tatort" von Oscarpreisträger Florian Gallenberger sucht Ulrich Tukur als Felix Murot das Glück und findet gefährliche Frauen.

Von Claudia Tieschky

Dieser Tatort ist kein normaler Tatort, sondern ein Murot vom Hessischen Rundfunk, und der Oscarpreisträger Florian Gallenberger geht hier bei Buch und Regie nach dem schönen Prinzip der Üppigkeit vor. Sein Thriller gleicht einer randvoll beladenen Schachtel Kuchenstücke - wobei einige sehr überraschend schmecken, Stichwort Vagina-Cupcakes.

Murot, also Ulrich Tukur, ist ein Held alter Schule und nicht nur deshalb einsam und unglücklich: Er leidet an der Welt, damit fängt es an. Deshalb geht er zum Analytiker (todschick: Ex- Tatort-Kommissar Martin Wuttke) und spricht über das große Ganze, das dringlich wird, wenn das Leben schon länger dauert. Er möchte so gerne mit Gott telefonieren. Hübsch slapstickhaft wird diese Nabelschau unterbrochen, fortgesetzt, unterbrochen, denn der Mann ist ja Kommissar und muss ans Handy und starrt alsbald auf einen anderen Nabel, beziehungsweise auf die Stelle, an der sich bei einer Toten einmal der Nabel befand. Stattdessen ist dort jetzt eine Art Öffnung, vielleicht zum "Andocken", die Pathologin Dr. Dr. Kaspert (ebenso todschick: Ex- Tatort-Kommissarin Eva Mattes) bebt bei dieser Information förmlich vor Herrschaftswissen.

Wo bitte geht es ins Paradies? Murot (Ulrich Tukur) und die verführerische Unternehmerin Eva Lisinska (Brigitte Hobmeier). (Foto: Bettina Müller/HR)

Es lohnt sich, auf die Frauen zu achten in dieser Episode, die haben die Macht, die geben und nehmen Leben, die sind amüsiert, wenn auf ganz absonderliche Weise in Glücksträume weggebeamte erwachsene Männer Mundbewegungen wie Babys machen, weil sie an der imaginären Mutterbrust schmatzen: "So fängt es immer an", sagen die gefährlichen Frauen dann amüsiert. Natürlich ist auch das ein Klischee, aber es gibt Tukur die Gelegenheit zu unvergesslichen mimischen Szenen, befremdlich-artifiziell und zugleich berührend - das ist auch ungefähr die atmosphärische Stimmung des ganzen Films.

"Murot und das Paradies" führt in das unheimliche Business einer rothaarigen, göttinnengleich weiß gewandeten Verführerin (Brigitte Hobmeier). Und zu einer Option auf Glücksgefühle, die vom Prinzip her so zwar nicht zum ersten Mal ausgedacht ist, aber hier sehr toll verspielt und wild entschlossen ins deutsche Tatort-Setting eingepasst wurde: Tiefgarage mal ganz anders.

Jedenfalls gehen eine ganze Menge Leute ins Paradies ein, am Ende auch, aus bestimmten Gründen, Murots kluge Kollegin Magda Wächter (die wunderbare Barbara Philipp). Es gibt für diesen Ort in der Unterwelt auch andere Namen.

Das Erste, Sonntag, 20.15 Uhr.

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