Multiethnische Paare im US-Fernsehen:Farbenblinder Superheld

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Barry Allen (Grant Gustin) und seine Freundin Iris West (Candice Patton) in der Serie "The Flash". Im Comic ist Iris West weiß. (Foto: Jack Rowand/The CW)

In der Comicvorlage "The Flash" ist die Freundin des gleichnamigen Superhelden weiß, in der Serienadaption nun dunkelhäutig. Eine längst überfällige Ausnahme im amerikanischen Fernsehen.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Im November 1970 erschien die 106. Ausgabe der Comicbuchserie Superman's Girl Friend, Lois Lane. Die Begleiterin von Clark Kent recherchiert für eine Geschichte im Armenviertel von Metropolis, das Little Africa heißt. Um nicht aufzufallen, lässt sie sich von einer Maschine für 24 Stunden in eine Afroamerikanerin verwandeln. "Sag mir die Wahrheit", sagt sie irgendwann zu Superman. "Was wäre, wenn ich mich nicht zurückverwandeln könnte? Würdest du mich heiraten? Sogar, wenn ich schwarz wäre?" Der Mann aus Stahl weicht der Frage aus und erklärt nur, dass eine Ehe zwischen den beiden schon aufgrund seiner zahlreichen Feinde nie funktionieren würde.

So ging das bisweilen zu in Comicbüchern, es war bedeutsam, dass Autor Robert Kanigher in jener Ausgabe die Hautfarbe der Protagonistin thematisierte. Superhelden, das waren weiße Jungs wie Clark Kent (Superman), Bruce Wayne (Batman), Ray Palmer (Atom), Hal Jordan (Green Lantern) und Steven Rogers (Captain America). Ihre Freundinnen - oder Gespielinnen, je nach Vorliebe des Helden - waren stets weiße junge Frauen.

Menschen anderer Hautfarbe kamen erst einmal überhaupt nicht vor. Dann als Bösewichte (etwa Man-Ape als Gegner der Avengers im März 1969) und später als Helfer der Helden (als erster schwarzer Mainstream-Sidekick gilt Falcon, der im September 1969 in Captain America eingeführt wurde). Als erste schwarze Hauptfigur gilt Luke Cage (Power Man), dem im Juni 1972 ein eigener Comic gewidmet wurde.

Fans im Internet toben

Derzeit läuft auf dem amerikanischen Kabelsender CW die Serie The Flash mit beachtlichem Erfolg, pro Folge sehen durchschnittlich mehr als vier Millionen Menschen zu - vom 10. Februar an wird die Serie auch auf Pro Sieben zu sehen sein. Sie orientiert sich an der Geschichte eines 1940 eingeführten und 1956 wiederbelebten Superhelden: Der junge Forensiker Barry Allen wird vom Blitz getroffen, entdeckt seine Superkräfte, zieht sich ein rotes Kostüm über und kämpft von nun an als schnellster Mann der Welt gegen die bösen Buben in Central City.

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Nun gibt es in den USA eine Diskussion über Details in der TV-Version: Die Hauptfigur hat nicht nur die falsche Haarfarbe (dunkelbraun statt blond), auch die Hautfarbe seiner späteren Freundin und Ehefrau Iris West unterscheidet sich von der in den Comics: Die Produzenten haben die Rolle der Afroamerikanerin Candice Patton überlassen. Diese Iris West ist schwarz.

Der Furor in manchen Internetforen war immens. "Ich hatte keine Ahnung, dass Iris West in den Comics weiß war", sagt Patton. "Natürlich ist das für die Fans erst einmal knifflig, doch Comics sind seit jeher bekannt dafür, sich stets neu zu erfinden und mit der Zeit zu gehen. Das gehört nun mal dazu."

Race Bending wird das in Hollywood gemeinhin genannt. Bis vor wenigen Jahren funktionierte das eher andersherum, bedeutende Filmrollen wurden mit weißen Schauspielern besetzt: Elizabeth Taylor verkörperte die ägyptische Königin Cleopatra, Laurence Olivier gab den Othello und Katharine Hepburn spielte die Asiatin Jade Tan in Dragon Seed. Die Debatte ist also nicht neu, gerade bei Superhelden-Adaptionen wird sie regelmäßig geführt, weil die Anhänger dieses Genres mit Veränderungen, Entwicklungen und Modernisierungen ungefähr so umgehen wie die katholische Kirche.

Im Jahr 2013 etwa übernahm Laurence Fishburne die Rolle des Daily-Planet-Chefredakteurs in Man of Steel, ein Jahr später war Jamie Foxx als Electro in The Amazing Spider-Man 2 zu sehen. Stets gab es Proteste, die weniger rassistisch begründet waren als eher mit der Detailversessenheit der Anhänger - die Aufregung ist bei einem fehlenden Schnurrbart oder einer abweichenden Augenfarbe ebenso gewaltig.

Die aktuelle Debatte ist deshalb spannend, weil sie in einem anderen, womöglich größeren Zusammenhang betrachtet werden muss. Es dürfte, halten sich die Produzenten der TV-Serie an die Vorlage, eine romantische Beziehung zwischen dem schnellen Burschen und der Reporterin geben. Natürlich sollte das heutzutage keine große Sache sein, in den USA bezeichnen sich knapp 20 Prozent aller Paare als multiethnisch.

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Nicht so im Mainstream-TV, dort sind es laut einer aktuellen Studie der Pepperdine University weniger als drei Prozent aller Paare. Das ist keine allzu große Entwicklung, seitdem der Weiße Captain Kirk vor 46 Jahren in Star Trek seine Lippen auf die der dunkelhäutigen Nyota Uhura presste - eine Premiere für das amerikanische Serien-Fernsehen.

Superheld wird erstmals von Homosexuellem gespielt

Nun also gibt es eine neue Produktion, die überaus erfolgreich ist und deshalb prägend sein könnte für die Darstellung multiethnischer Beziehungen im amerikanischen Fernsehen. "Es sollte kein Problem sein, so wie in den Comics zwischen den beiden Figuren eine Romanze einzuführen", sagt Patton,"die Beziehung wird die Geschichte auf jeden Fall beeinflussen." Die Freundin von Flash ist also schwarz - na und? Colorblind, farbenblind, nennen sie das nicht nur in Hollywood.

Das Studio Marvel verkündete kürzlich, 2017 den Film Black Panther in die Kinos bringen zu wollen, die Hauptrolle wird Chadwick Boseman übernehmen. Race Bending spielt bei diesem Projekt kein Rolle: Der Superheld Black Panther war sowohl bei seiner Einführung als Nebenfigur (im Juli 1966) als auch als Hauptprotagonist (Juli 1973) ein Schwarzer. Und DC Comics verpflichtete kürzlich Ezra Miller als Flash für künftige Kinoproduktionen. Miller ist damit der erste offen homosexuelle Schauspieler, der einen Superhelden auf der Leinwand verkörpern wird.

Die Welt hat sich verändert seit der Einführung von Superhelden wie Flash, Captain America oder Batman vor mehr als 50 Jahren - und seit sich Lois Lane tatsächlich bei Superman erkundigen musste, ob der auch eine Afroamerikanerin heiraten würde. Womöglich ist die beste Reaktion auf jede Debatte, die die Hautfarbe einer Figur oder die sexuelle Neigung eines Darstellers thematisiert, einfach nur: Na und?

© SZ vom 13.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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