Krimi-Serie im ZDF:Herumstolpern in London

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Die jungen Ermittler Stefan Kowolski (Mark Strepan, links) und Arash 'Rash' Sayyad (Ben Tavassoli, rechts) stolpern in der ZDF-Serie New Blood durch London. (Foto: ZDF und Des Willie)

Die ZDF-Serie "New Blood" will den verworrenen Grantler-Krimis eins auswischen. Doch den jungen Hauptfiguren fehlt Charakter - sie interessiert vor allem, ob die Frisur sitzt.

Von Maike Müller

Krimis aus London sind beliebt. Ob beim tiefgründigen Streifen durch die dunkle "Ripper Street" des 19. Jahrhunderts oder bei Sherlock Holmes' medikamentösem Sinnieren, alle fiebern mit. Es liegt am Regen, den dunklen Straßen, irren Mördern und genialen Detektiven, deren Wesen zwar genauso düster ist, wie das ihrer Gegenspieler, die diese aber trotzdem nicht schnappen können. Damit hat das zeitweise unbeholfene Herumgestolpere von Rash und Stefan in der Serie "New Blood - Tod in London" allerdings nichts mehr zu tun. Geheimnisse haben sie keine, Marotten auch nicht. Stattdessen: hübsch getrimmte Bärte, perfekt geföhnte Haare, Krawatten und Pullunder.

Arash "Rash" Sayyad und Stefan Kowolski sind junge, gar nicht mehr so wilde Ermittler. Millenials, Kinder der 1980er bis 2000er Jahre. Nach und nach kommen sie im Berufsleben an und jetzt auch im Krimi. Rash und Stefan hängen sich voll rein für Dinge, bei denen sie sich selbst verwirklichen können. Aber nur der berufliche Aufstieg ermöglicht die angestrebte Balance zwischen Arbeit, Freizeit, Freunden und Familie.

Zum Glück hat Trainee-Detective Rash mit der Balance kein Problem. Er wohnt noch bei seinen Eltern, hat nicht genug Geld um auszuziehen und findet einen Freund, mit dem es sich auch arbeiten lässt: Stefan, Junior-Ermittler beim staatlichen Betrugsdezernat. Stefan hat ebenfalls Geldprobleme und kann die Miete seiner WG nicht mehr bezahlen. Nichtmal ihre Jobs sind sicher. Sie arbeiten in ständiger Angst vor dem kleinsten Fehltritt, der die Kündigung bedeuten würde.

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In der ersten Folge der Serie "New Blood" ermitteln beide im selben Fall, nur aus unterschiedlichen Perspektiven. Sechs Jahre zuvor nahm eine Gruppe junger englischer Touristen bei Medikamententests in Indien teil. Nun starben drei unter seltsamen Umständen. Rash vermutet eine Verschwörung, doch seine arbeitsscheuen Vorgesetzten tun lieber alles als Unfall ab. Stefan wird als polnischer Arbeiter bei einem Pharmaunternehmen eingeschleust, um heikle Informationen zu beschaffen.

Dass sie gegen dasselbe Unternehmen ermitteln, wissen Stefan und Rash noch nicht, als sie sich beim Triathlon erstmals über den Weg laufen. Aber zufällig treffen sie sich immer wieder, gehen mit gerümpfter Nase wieder auseinander und merken schließlich trotz gegenseitiger Abneigung: Obwohl sie keine Informationen austauschen dürften, können sie diesen Fall nur gemeinsam lösen. Das ist in der braven Millennial-Welt schon eine Rebellion. Eine Rebellion für statt gegen das System, um fleißig die Anerkennung, ja die Bewunderung der Vorgesetzten zu erarbeiten.

Im Vordergrund stehen nicht die Fälle, sondern die Probleme der Jobeinsteiger

"New Blood" ist frisches Blut, das der Welt der verworrenen Grantler-Krimis eins auswischen will. Das ZDF hat die erste Staffel der britischen Serie, die aus sieben Folgen besteht, zu drei Teilen zusammengeschnitten - Jede Folge umfasst nun einen Fall. Die beiden Schauspieler sind selbst noch Neulinge: Mark Strepan (Stefan) und Ben Tavassoli (Rash), die bisher nur kleinere Rollen in anderen Fernsehserien hatten. Im Vordergrund stehen in der Serie von Autor Anthony Horowitz nicht die Fälle, sondern die Probleme der Jobeinsteiger, die trägen Behörden und die bürokratischen Strukturen, die die Vernetzung untereinander verhindern.

Trotz des "frischen Windes" und der interessanten Generationenstudie, sind Fall und Ermittler zu durchschaubar. Für einen spannenden Krimi bräuchten Stefan und Rash ein bisschen mehr Charakter. Außerdem tut sich die Frage auf, ob man den Millennials wirklich jegliches politisches Interesse absprechen und sie lediglich auf ihre Strebsamkeit reduzieren kann. Aber, was soll's. Die Ermittler aus "New Blood" richten sich noch einmal die Krawatte und radeln mit haarschonendem Helm im Park um die Wette, in den vom Glasturm gespiegelten Sonnenuntergang.

"New Blood - Tod in London" , ZDF, drei Folgen ab dem 13. August 2017, sonntags um 22:00 Uhr

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