"Emma nach Mitternacht" in der ARD:Neue Serie mit Katja Riemann: Seelentherapie nach Domian

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Stadtgespräch: Das Radiostudio von Emma Mayer (Katja Riemann) ist hier nicht viel mehr als eine hübsche Kulisse. (Foto: SWR/Johannes Krieg)

In "Emma nach Mitternacht" liefert Riemann sich ein Psychoduell mit Ben Becker und versucht, Corinna Harfouch vom Suizid abzuhalten. Aber die besten Darsteller retten eine Serie nicht, wenn das Drehbuch bescheuert ist.

TV-Kritik von Katharina Riehl

Bei seinem letzten Auftritt als Psychotherapeut Maximilian Bloch besprach der Schauspieler Dieter Pfaff seinen Anrufbeantworter. Bloch hatte in "Die Lavendelkönigin" nicht nur ein blaues Auge davongetragen, auch seine Seele war lädiert. Nun, am Ende des Films, hinterließ er auf dem Anrufbeantworter die Nachricht: Wir sind im Urlaub, die Praxis öffnet wieder am 16. Juni. Tatsächlich aber kam Bloch aus dem Urlaub nie zurück.

Im März 2013 ist Dieter Pfaff gestorben, seine ARD-Reihe Bloch endete mit jener unverhofft letzten Episode einen Monat später. Die ARD verlor damals nicht nur eine erfolgreiche Fernsehreihe: Bloch, der übergewichtige Therapeut, löste zwar Fälle, so wie es die krimiliebenden Programmmacher im Sinne der Quotenoptimierung zur Maxime eines Fernsehdrehbuchs erhoben haben.

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Aber Dieter Pfaff war eben kein Hobby-Kommissar, der durch die Lande zog und Zeugen verhörte. Maximilian Bloch fand die Lösung seiner Fälle immer in der Seele seiner Patienten. Man muss hier noch einmal an den ARD-Psychotherapeuten Bloch erinnern und an dessen fast immer fein gezeichnete Recherchen im Innenleben seiner Mitmenschen, wenn die ARD jetzt Blochs Lücke in ihrem Programmschema schließt.

Von diesem Mittwoch an therapiert Emma nach Mitternacht - und man sollte an dieser Stelle schon mal eines festhalten: Der feine Pinsel scheint hier nicht das Arbeitsmittel der Wahl gewesen zu sein.

Gelebter Fernsehföderalismus

Schon bald nach dem Tod von Dieter Pfaff begann die ARD nach einem Nachfolgeformat zu suchen, allen voran WDR und SWR, wo man schon für Bloch verantwortlich gewesen war. Zwei Konzepte waren am Ende im Rennen, die Radiopsychologin Emma vom SWR und das WDR-Konkurrenzprodukt Üb er Barbarossaplatz über eine Kölner Psychologin, deren Mann sich das Leben nimmt.

Und es passt natürlich hervorragend zu allem, was man sich über die ARD so vorstellt: Man konnte sich im Senderverbund nicht für eine entscheiden, weshalb nun von beiden Reihen die ersten Folgen produziert wurden. Emma nach Mitternacht startet mit zwei Filmen an diesem Mittwoch und am 8. Juni, Über Barbarossaplatz mit Bibiana Beglau hat Ende Juni auf dem Münchner Filmfest Premiere.

Bei beiden Sendern geht man auf Nachfrage davon aus, seine jeweilige Reihe fortsetzen zu können. Gelebter Fernsehföderalismus.

Jetzt also "Emma nach Mitternacht", die Geschichte einer Radiopsychologin in Mannheim, die Domian-mäßig ihre Anrufer per Kurz- und Ferntherapie vielleicht nicht heilen, aber zumindest kurzfristig aufbauen soll.

Gespielt wird Emma Mayer von Katja Riemann, was durchaus lustig ist, weil Riemann in den Neunzigerjahren im sehr erfolgreichen Kinofilm Stadtgespräch zu sehen war, in dem sie ihren Radiohörern in Liebesdingen weiterhalf. Vor allem aber ist es gut für die Reihe, weil Riemann eine tolle Schauspielerin ist. Das Problem mit Emma nach Mitternacht ist nicht der Cast, der ist auch in den Episodenrollen hervorragend.

In Teil eins liefert sich Riemann ein Rede- und Psychoduell mit Ben Becker, in Teil zwei versucht sie, Corinna Harfouch vom Selbstmord abzuhalten. Aber auch die besten Darsteller können einen Film nicht retten, wenn das Drehbuch wirklich irre bescheuert ist.

Der erste Film "Der Wolf und die sieben Geiseln" beginnt nicht in Mannheim, sondern in Marrakesch, wo die spätere Radiopsychologin einen kleinen Laden mit (thematisch immerhin passend) öffentlichem Telefon betreibt.

Völlig wahnsinnige Handlungsvolten

Dort trifft sie eine andere Deutsche und steht wenige Szenen später vor ihrem neuen Boss, dem Redaktionsleiter der nächtlichen Psychosendung beim Mannheimer Sender. Es ist eine gewisse Zwickmühle, an dieser Stelle nicht zu viel zu verraten und trotzdem zu illustrieren, wie viele völlig wahnsinnige Handlungsvolten die Autoren Wolfgang Stauch und Ulrich Herrmann in diese ersten beiden Filme von Regisseur Torsten C. Fischer gezimmert haben.

Emma Mayer, so viel sei verraten, ist nicht die, die sie zu sein vorgibt. Beim Sender wird sie außerdem nicht als Moderatorin, sondern als Telefonistin eingestellt, was aber ganz egal ist, weil nur ein paar Filmminuten später die eigentliche Radiopsychologin gefeuert wird und Emma samt ihrem noch nicht einmal irgendwo abgestellten Marrakesch-Koffer in einer Tankstelle sitzt, um einem offenbar durchgedrehten Entführer das Leben seiner Geiseln abzuschwatzen.

Nein, ein Fernsehfilm muss nicht immer total lebensnah sein, auch hochgelobte US-Serien spielen mit den Unwahrscheinlichkeiten des Lebens. Doch Emma Mayer, und das ist die große Schwäche des Drehbuchs, wirkt nicht unkonventionell. Sie wirkt aus der Welt gefallen.

Doch nur eine weitere Kriminalkommissarin

Das ist deshalb ein großes Versäumnis, weil die einzelnen Geschichten in den beiden Filmen Potenzial hätten. Sowohl der Kampf mit Ben Becker als Entführer, als auch die Gespräche mit einer städtischen Gutachterin, die für den Einsturz eines Hallenbades verantwortlich ist (Harfouch), sind gut geschrieben.

Doch der wohl eigentlichen Idee der Reihe, einer Radioseelsorgerin in Mannheim, vertraut man offenbar nicht. Das Hörfunkstudio ist nicht mehr als eine hübsche Kulisse, die zudem selten im Bild ist. Und Katja Riemann als Emma Mayer ist am Ende doch nur eine weitere Kriminalkommissarin.

Emma nach Mitternacht , ARD, 20.15 Uhr.

© SZ vom 18.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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