An ihrem letzten gemeinsamen Abend im Mai vor elf Jahren tanzen Christel und Reinhard Wilke Tango. Sie hat Häppchen zubereitet mit Lachs und Käse, er öffnet die Rotweinflasche und legt Platten auf. Das war ihre Arbeitsteilung für die Nächte im Partykeller. Es ist ein lauer Abend, der Frühling ist in Stade angekommen, im Garten blüht es. Bis zum frühen Morgen tanzt das Ehepaar zu Tangomusik und zu Songs der Beatles im holzvertäfelten Keller ihres Reihenhauses am Stadtrand. Sie reden, sie lachen, sie umarmen sich. Sie schmieden Pläne für eine Expedition in die Wüste, es fehlen nur noch Sandbleche fürs Auto. Reinhard Wilke hat seinen Job bei einem städtischen Amt als Psychologe gekündigt, für ihn ist das eine Befreiung. In den letzten Jahren war er nur noch ungern arbeiten gegangen. Als die ersten Vögel zwitschern, lassen sie sich in ihr Schlafzimmerbett fallen.
Suizid und Trauer:Und plötzlich ist er weg
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"Es klingt banal, aber die Zeit vergeht und legt sich wie Patina auf Wunden": Christel Wilke.
(Foto: Moses Omeogo)Vierzig Jahre sind sie ein liebevolles Paar. Sie haben große Zukunftspläne. Dann bringt sich Christel Wilkes Ehemann eines Morgens um. Wie lebt man damit?
Von Thorsten Schmitz
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