Rostock:„Vermisste Kinder“: Ebert fürchtet kriminelle Karrieren

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Rostock (dpa/mv) - Der scheidende Chef der Polizeiinspektion Rostock, Michael Ebert, hat eine "sehr deutliche Diskussion" der Gesellschaft über den Umgang mit sogenannten vermissten Kindern gefordert. Darunter werden bis zu 14-Jährige verstanden, die aufgrund sozialer Missstände ihrem Zuhause entzogen und von Jugendämtern an Heime zur Betreuung gegeben werden. Oft jedoch entzögen sie sich der Betreuung. Sie tauchten etwa in Wohnungen von Bekannten unter und würden dann von den Heimen als vermisst gemeldet, sagte Ebert der Deutschen Presse-Agentur. "Eigentlich bräuchten sie Halt und Unterstützung. Sie werden aber oft allein gelassen und landen dann ohne Schutz im öffentlichen Raum."

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Rostock (dpa/mv) - Der scheidende Chef der Polizeiinspektion Rostock, Michael Ebert, hat eine „sehr deutliche Diskussion“ der Gesellschaft über den Umgang mit sogenannten vermissten Kindern gefordert. Darunter werden bis zu 14-Jährige verstanden, die aufgrund sozialer Missstände ihrem Zuhause entzogen und von Jugendämtern an Heime zur Betreuung gegeben werden. Oft jedoch entzögen sie sich der Betreuung. Sie tauchten etwa in Wohnungen von Bekannten unter und würden dann von den Heimen als vermisst gemeldet, sagte Ebert der Deutschen Presse-Agentur. „Eigentlich bräuchten sie Halt und Unterstützung. Sie werden aber oft allein gelassen und landen dann ohne Schutz im öffentlichen Raum.“

In diesen schwierigen Milieus könnten sie Opfer von Straftaten wie Körperverletzung oder Sexualdelikten und in der Folge schnell selbst zu Tätern werden. „Ihr zukünftiger Weg ist vorgezeichnet. Dann sind sie für die Gesellschaft verloren, das ist traurig.“ Ebert wird am Mittwoch in Rostock verabschiedet. Er wird Vizepräsident des Polizeipräsidiums Neubrandenburg.

Im Jahr 2009 wurden in der Rostocker Vermisstenstatistik 242 Fälle aufgezeichnet. Im vergangenen Jahr waren es mit 1630 deutlich mehr Eintragungen gewesen - darunter alleine 525 Fälle von unter 14-Jährigen. Darunter waren 50 Kinder und Jugendliche, die fünf Mal oder öfter in der Statistik auftauchen. Die Erfahrung zeige, dass von diesen „Dauerausreißern“ 80 Prozent mit dem Gesetz in Konflikt kämen. Die Statistik des Osterwochenendes mache die Brisanz deutlich: Insgesamt wurden dort in Rostock 23 Vermisstenfälle registriert, 20 davon bei Kindern und Jugendlichen aus Betreuungseinrichtungen.

Die Gesellschaft müsse sich überlegen, wie ein Zugriff auf die Kinder gelingen könne, bevor sie als 14-Jährige strafmündig seien, forderte Ebert. Es zeige sich, dass einzelne Ämter oder Einrichtungsträger überfordert seien. „Das muss organisatorisch anders aufgestellt werden.“ Denn dort entzögen sich Kinder vielfach folgenlos der Betreuung - und andere Kinder folgten in den Kreislauf hinein.

Die intensive Betreuung könne im Extremfall bis hin zur geschlossenen Unterbringung gehen. Das sollte aber nur in ausgewählten Fällen passieren, in denen die Kinder von alleine nicht mehr aus dem Kreislauf herauskämen oder bei denen die Betreuung offensichtlich zu weitmaschig sei, betonte Ebert. „Es geht um den Schutz der Kinder.“

Es sei oft abzusehen, wie sich die kriminellen Karrieren entwickelten, sagte auch der Chef der Rostocker Kriminalpolizei, Sebastian Schütt. Es gebe immer mehr Kinder, die nicht auf polizeiliche Interventionen reagierten. Jüngst habe man einer Zwölfjährigen Handfesseln anlegen müssen, um sie in den Griff zu bekommen. Auch gebe es Kinder und Jugendliche, die keine Angst vorm Jugendknast hätten, sondern sich darauf freuten, weil sie dort ihre Kumpels wiedersähen. Bei Mädchen komme es immer wieder vor, dass sie sich zur Prostitution anböten.

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