Auf die Buchstaben berufen sich in der Kirche die Gegner der gleichgeschlechtlichen Ehe. Die acht evangelischen Altbischöfe etwa, die 2011 erklärten, Homosexualität sei gegen die Bibel. Weil dort steht, man soll ein Fleisch werden als Mann und als Frau. Alles andere will Gott angeblich nicht. Homosexuelle, so die Bischöfe, hätten in einem Pfarrhaus nichts verloren.
Ein Ehepaar wie viele andere
Aber erst einmal zur Liebe. Kennengelernt haben sich die beiden Männer 2004 im Internet, in einem Chat für Kirchenleute. Jörg Zabka hatte in Berlin seine erste Stelle als Pfarrer angetreten, Alexander Brodt lebte in Hessen. Schnell wussten sie: Das könnte etwas werden. Ebenso schnell war klar: Das könnte schwierig werden.
Jörg Zabka in seiner Kirche
(Foto: Verena Mayer)Die beiden sitzen auf dem Balkon ihrer kleinen Wohnung. Rundherum viel Grün, Altbauten, Kopfsteinpflaster, eine gediegene, etwas verschlafene Gegend im Berliner Südwesten. Es gibt Kaffee und Kuchen, Jörg Zabka hat das Hochzeitsalbum geholt.
Auf den Fotos sieht man die Kirche in Hessen, in der sie vor acht Jahren den Trausegen erhielten. Das Gutshaus, in dem die Party war, mit Regenbogenfahne. Sie seien verheiratet, sagt Brodt-Zabka, darauf legen sie Wert. "Denn so fühlen wir uns und nicht verlebenspartnerschaftet." Dazu gehört, denselben Namen zu tragen. Alexander Brodt nahm einen Doppelnamen an, dazu riet die Mutter. Weil es bei Pfarrern wie bei Künstlern ist, man verbindet sie mit einem Namen.
Jung und dynamisch, aber unzumutbar
Die beiden sprechen wohlüberlegt, ohne einander ins Wort zu fallen, man merkt, dass sie es gewohnt sind zu reden. Zusammen strahlen sie eine Form von Einigkeit aus, die man nur hat, wenn man viel durchmachen musste. Den Arbeitsalltag in der Kirche zum Beispiel. "Bei meiner ersten Stelle musste ich zuvor im Kirchenvorstand sagen, dass ich schwul bin", sagt Brodt-Zabka. "Das ist schmerzhaft, weil man sich nackt macht."
Jörg Zabka sagt, als er Pfarrer wurde, seien zwar die meisten in der Gemeinde froh gewesen, "einen jungen, dynamischen Pfarrer zu bekommen". Aber es gab auch Austritte und Unterschriftenaktionen, und die Leute sagten: Das kann man den Senioren nicht zumuten. Ein Gemeindekirchenrat legte seinetwegen das Amt nieder.
Und das ist nichts gegen das, was Zabka erlebte, als er seine Heiratspläne verkündete. Der zuständige Personaldezernent der Landeskirche Berlin-Brandenburg sagte, er werde zwar nicht von sich aus nachforschen, wer mit Zabka im Pfarrhaus lebt. Aber wenn es aktenkundig werde, dass es ein Mann ist, gebe es ein Disziplinarverfahren.
Toleranz nur im Geheimen
So etwas sei üblich, heißt es beim Verein Homosexuelle und Kirche (HuK), der sich für kirchliche Rechte von Schwulen und Lesben einsetzt. Solange die Dinge unter der Decke bleiben, würden sie toleriert. Sobald schwule Pfarrer ihre Beziehungen aber offiziell machen, würden sie in der Kirche zu einem Politikum, an dem sich die Verantwortlichen stören.
Bei Zabka zweifelte man daran, ob er überhaupt für das Amt des Pfarrers tauge. Ein Pfarrer müsse nun mal im Pfarrhaus leben, und wenn er das nicht tue, sei er kein Pfarrer. Jörg Zabka sagt, das sei wie früher bei den Frauen, deren Emanzipation er mit der von Lesben und Schwulen vergleicht. Als die ersten Pfarrerinnen ihren Dienst antraten, hieß es auch, sie sollen zölibatär im Pfarrhaus leben.
Draußen rauscht die S-Bahn vorbei. Zabka hat schon als Kind an dieser Linie gewohnt, allerdings auf der anderen Seite der Stadt, im Osten Berlins. Seine Jugend in der DDR war bestimmt von einem doppelten Außenseitertum. In der Kirche zu sein und homosexuell zu sein, auf dem Schulhof wurde er abwechselnd als Schwuler und als Christ beschimpft. Seine Eltern hatten vor allem mit der Kirche Probleme. Sie schärften Zabka ein, nicht darüber zu reden, sie fürchteten Repressalien. Als Zabka begann, Theologie zu studieren, sagten sie: Kind, du verbaust dir deinen Weg.