Karlsruhe:Kirchliche Eheberatung: Viele Jüngere und mehr Senioren

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Karlsruhe (dpa/lsw) - Die Ehe- und Paarberatung der Kirchen in Baden-Württemberg ist gefragt: Vielerorts gibt es Wartelisten, einige Stellen sind völlig überlaufen. Zwar ist die Zahl der Ratsuchenden seit Jahren im Südwesten relativ konstant. Doch auffallend ist, dass Paare neuerdings sehr früh in die Beratungsstellen kommen - und auch, dass zunehmend Senioren Hilfe suchen, ergab eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur bei den evangelischen Landeskirchen und den Diözesen der katholischen Kirche.

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Karlsruhe (dpa/lsw) - Die Ehe- und Paarberatung der Kirchen in Baden-Württemberg ist gefragt: Vielerorts gibt es Wartelisten, einige Stellen sind völlig überlaufen. Zwar ist die Zahl der Ratsuchenden seit Jahren im Südwesten relativ konstant. Doch auffallend ist, dass Paare neuerdings sehr früh in die Beratungsstellen kommen - und auch, dass zunehmend Senioren Hilfe suchen, ergab eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur bei den evangelischen Landeskirchen und den Diözesen der katholischen Kirche.

Während Paare bei evangelischen Beratungsstellen in Baden in der Regel innerhalb eines Monats einen Termin bekommen, müssen sie im Schwäbischen schon mal Wartezeiten von mehreren Monaten in Kauf nehmen: „Wir haben Schwierigkeiten, den Paaren gerecht zu werden“, sagt Susanne Bakaus, Leiterin der Landesstelle der Psychologischen Beratungsstellen in der württembergischem Landeskirche. Aber, so betont sie: „Wir schicken niemanden weg.“ In Krisenfällen gibt es zumindest in der Diözese Rottenburg-Stuttgart für Paare immer einen Termin. Manche weichen allerdings auf private Anbieter aus.

Generell kommen Eheleute heute früher in die Beratung als in der Vergangenheit, berichtet Diplom-Psychologin und Therapeutin Bakaus. Die in der Arbeitswelt geforderte Mobilität und Flexibilität ist oft nicht mit privaten Wünschen vereinbar. Was opfert man für die Partnerschaft, was investiert man in sie? „Das geht einher mit sehr hohen Erwartungen ans Beziehungsglück und das, was unter gelingender Partnerschaft verstanden wird“, weiß eine Sprecherin des Oberkirchenrats in Karlsruhe.

„Es besteht eine Diskrepanz zwischen dem Ideal von Partnerschaft und der Realität“, haben auch Berater der Diözese Rottenburg-Stuttgart beobachtet. Vor allem in der Phase der Familiengründung steigt der Stresspegel rasant an, so eine Diözesan-Sprecherin aus Freiburg. Dann zum Beispiel, wenn das geplante Modell zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf sich nicht umsetzen lässt.

Auffällig ist auch der steigende Beratungsbedarf Älterer. Noch nie waren Paare so lange zusammen: Die Leute werden älter, der Alltag wird schwieriger, so Bakaus. Paarprobleme bei Senioren sind zunehmend ein Thema bei den Beratungen, aber auch Einsamkeit.

„Die Alterspalette hat sich sowohl ins jüngere als auch ins ältere Segment ausgeweitet“ sagt Ursula Bank, die bei der evangelischen Kirche in Baden für die Beratungsstellen verantwortlich ist. Die meisten Paare seien zwischen 35 und 55 Jahre. „Aber die Ränder werden stärker - von Anfang 20 bis hin zu über 80-Jährigen.“

In Freiburg registriert man Beratungsbedarf insbesondere nach Feiertagen: „Paarthemen haben auch saisonal Konjunktur, zum Beispiel nach Weihnachten oder nach Urlaubszeiten, wenn Paare beziehungsweise Familien mehr Zeit miteinander verbringen und im Alltag verdrängte Spannungen zum Vorschein kommen“, so eine Diözesan-Sprecherin. Generell gebe es einen Bewusstseinswandel: Hilfe anzunehmen, werde nicht mehr als Ausdruck von Totalversagen angesehen.

Im Gegensatz zur Erziehungsberatung wird die Paar- und Lebensberatung in Baden-Württemberg seit 2003 nicht mehr staatlich bezuschusst. Dafür engagieren sich die Kirchen umso mehr: „Für die Paarberatung trägt die Kirche den weitaus größten Teil der finanziellen Last“, heißt es aus dem Oberkirchenrat Karlsruhe. Allein in Baden hat die Landeskirche im vergangenen Jahr 1,56 Millionen Euro für 16 Beratungsstellen ausgegeben. Die Erzdiözese Freiburg wiederum hat für freie Beraterinnen seit 2016 eine Million Euro zusätzlich investiert.

Finanziert werden Stellen ansonsten aus Eigenmitteln, kommunalen Zuschüssen und Spenden. Teils werden Ratsuchende um einen Obolus zwischen ein bis drei Prozent des Nettolohns gebeten. Überall gilt jedoch: An fehlendem Geld soll Beratung nie scheitern.

Insgesamt haben 2016 in den Psychologischen Beratungsstellen der evangelischen Landeskirche in Württemberg 959 Paare Rat gesucht, etwas weniger als im Vorjahr (1062). In den letzten Jahren ist fast überall die Zahl der Ratsuchenden relativ konstant geblieben - auch deshalb, weil die Kapazitäten begrenzt sind, so der Oberkirchenrat in Karlsruhe. Er notiert für das vergangene Jahr in Baden 767 reine Paarberatungen. Rechnet man Lebens- und Familienberatungen ein, ist die Zahl der Ratsuchenden hier wie in anderen Bezirken aber jeweils fünfstellig.

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