Meine Leidenschaft: Auma Obama beim Golfen:"Ist der Ball im Wasser?"

Lesezeit: 7 min

Das Golfen hat Auma Obama erst vor ein paar Jahren für sich entdeckt, seitdem steht sie regelmäßig auf dem Platz. (Foto: Kathrin Hollmer)

Auma Obama, Stiftungsgründerin und Halbschwester des ehemaligen US-Präsidenten, sammelt beim Golfen Spenden für Kinder und findet beim Spiel nebenbei Entspannung. Auch wenn der Ball nicht immer so will, wie sie das gern hätte.

Von Kathrin Hollmer

"Oh noooo!", ruft Auma Obama direkt nach dem Abschlag. Sie kneift die Augen in der Abendsonne auf dem Golfplatz zusammen, während ihr Ball Richtung Wasser fliegt. "Ich bin kurzsichtig", sagt sie. "Ist der Ball im Wasser?" Ist er. Obama steckt den Schläger zurück in die Golftasche, steigt in das Elektro-Golfcart und fährt los. Nach circa 50 Metern tritt sie auf die Bremse, geht zu dem kleinen Teich, der auf dem Golfplatz recht unromantisch "Wasserhindernis" heißt, und misst zwei Schlägerlängen vom Ufer ab, so wollen es die Regeln. Dann zückt sie einen neuen Ball und setzt zum erneuten Schlag an, der als Strafe doppelt zählt.

Das Golfen hat die 63-Jährige erst vor ein paar Jahren für sich entdeckt. "Ich dachte immer, nur reiche Leute spielen Golf", sagt sie. Dann sammelte sie 2016 bei einem Charity-Golfturnier in Deutschland Spenden für ihre Stiftung und sollte für die Fotografen eine Aufschlag-Pose machen, obwohl sie gar nicht wusste, wie man das eigentlich macht. Beim nächsten Spenden-Turnier belegte sie dann einen Golf-Schnupperkurs und gewann dort direkt den zweiten Preis. Sie machte ihre Platzreife, eine Art Führerschein, den man braucht, um überhaupt abschlagen zu dürfen, und spielte, wie sie selbst sagt, selten und ziemlich schlecht, bis sie 2019 Mitglied in einem Klub in Kenia wurde. Wenn sie zu Hause ist, fährt sie dort mindestens einmal pro Woche hin, oft auch zwei- oder dreimal.

Barack Obama lernte sie erst mit 24 kennen

Obama ist Autorin, Key-Note-Speakerin, Gründerin und Vorstandsvorsitzende der Stiftung "Sauti Kuu" und außerdem die Halbschwester des ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama. Sie haben denselben Vater, doch weil der noch vor ihrer Geburt die Familie verließ und in die USA ging, wo er erneut heiratete, lernten sich Auma und Barack erst 1984 kennen, da war sie 24 und er 23. Auma Obama lebte 16 Jahre in Deutschland, studierte unter anderem in Heidelberg Germanistik und promovierte schließlich in Bayreuth. Nach dem Erscheinen ihrer Autobiografie "Das Leben kommt immer dazwischen" im Jahr 2010 war sie oft Gast in deutschen Talkshows. 2021 nahm sie an der RTL-Show "Let's Dance" teil.

Anfang Juni steht Auma Obama auf dem Platz des Golf- und Land-Clubs Köln am Rand von Bergisch-Gladbach. Auf 75 Hektar Fläche wechseln sich sattgrüner Rasen und kleine Waldstücke ab. Auma Obama trägt eine dunkle Sporthose, Turnschuhe und dazu ein Poloshirt und Cap - jeweils mit pinkfarbenem Akzent. Es ist bereits früher Abend, aber sie will alle 18 Löcher spielen. Bei den letzten beiden ist es schon dunkel.

Auf dem Platz ist Obama sofort mit allen per Du, auch Fremden begegnet sie herzlich. Bevor sie abschlägt, winkt sie die Spieler hinter ihr durch, damit sie überholen. "Schönes Spiel!", wünscht sie dabei. Und lotst die umstehenden Menschen aus deren Schussfeld. "Golfen ist ein gefährlicher Sport, es sind schon Leute von einem Ball erschlagen worden. Man muss wissen, wo man stehen darf." Als die Spieler abschlagen, verstummt sie. Sie will nicht stören: "Ich mag Spiele, die mit Genauigkeit zu tun haben", flüstert sie. Die Konzentration, die es beim Golfen braucht, und die Bewegung in der Natur helfen ihr beim Entspannen. "Beim Golfen kann man nicht an die Arbeit denken." Letztes Jahr habe sie einen Burn-out gehabt, der Sport habe wieder Ruhe in ihr Leben gebracht.

"Der Golfplatz ist mein happy place", sagt Auma Obama. (Foto: Kathrin Hollmer)

Als Nicht-Golfer kann man den Ärger schwer nachvollziehen, wenn ein Ball wie gerade eben im Wasser landet. Und dass dieser Ärger dann entspannend sein soll. Gerade noch hat sie nach dem Abschlag ein langgezogenes "Neeeein!" gerufen, ein paar Minuten später strahlt sie wegen eines guten Schlags. Eigentlich wollte sie auf dem Golfplatz von ihrer Leidenschaft erzählen, dann kommt sie zwischen den Abschlägen doch kaum zum Reden. "Wir Golfer sagen immer: Der Golfball ist wie ein eifersüchtiger Partner: Wenn du ihm nicht die volle Aufmerksamkeit schenkst, zahlt er dir das zurück - und du spielst schlecht." Manchmal steht sie schon früh am Morgen auf dem Platz, noch vor der Arbeit. "Danach habe ich wieder Kraft und einen klaren Kopf für die Arbeit. Der Golfplatz ist mein happy place".

Auf dem Weg zum nächsten Loch erzählt Obama im Cart, dass sie gern mit anderen spiele, aber auch allein. "Mit Leuten, die ich nicht kenne, bin ich manchmal zu nervös." Dass man auch alleine golfen kann, findet sie praktisch. "Bei vielen Sportarten ist man auf Mitspieler angewiesen, da würde ich die Leute immer enttäuschen, weil ich so viel unterwegs bin."

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Seit 2010 lebt Obama wieder in Kenia. Mit ihrer Stiftung "Sauti Kuu" (Kiswahili für "Starke Stimmen") hilft sie Kindern und Jugendlichen dabei, selbstbewusster zu werden, etwa mithilfe von Sportarten wie Fuß- und Volleyball. Auf dem Platz schlagen die Kinder aber auch Golfbälle ab. "Beim Golfen lernt man schließlich, die Nerven zu behalten. Man muss an sich selber glauben, sonst spielt man schlecht." Außerdem lerne man gewisse Tugenden: "Man muss pünktlich abschlagen, respektvoll miteinander umgehen, darf die anderen nicht stören oder aufhalten, und muss geduldig sein, wenn man selbst auf die Spieler vor einem warten muss." Obama setzt jetzt wieder an, schlägt, ein Stück Rasen fliegt durch die Luft. "Sorry sorry sorry!" Der Ball rollt Richtung Loch. Sie braucht noch zwei Schläge bis zum Einlochen.

In Kenia arbeitet sie auch an einem Pilotprojekt mit 200 Familien, die als Kleinbauern ihren Lebensunterhalt verdienen - mit Biolandwirtschaft. Deswegen ist sie aktuell auch in der Doku-Serie "Farm Rebellion" von Disney plus zu sehen. Die Serie porträtiert den ehemaligen Investmentbanker Benedikt Bösel, der auf seinem Hof in Brandenburg regenerative Landwirtschaft vorantreibt. In einer Folge besucht Obama seinen Hof und erzählt von ihren Erfahrungen in Kenia. "Jahrtausendelang haben wir die Natur heil, die Gewässer sauber und die Luft rein gehalten, wir haben gut mit und von der Natur gelebt, bis wir begonnen haben, sie mit Pestiziden und chemischen Düngern zu zerstören", sagt sie plötzlich ernst, als sie in einer kleinen Pause auf einer Bank Platz nimmt. "Unser Planet wird das überleben, aber wir nicht."

Mit Nachhaltigkeit hat ein Golfplatz eher wenig gemein, der Wasserverbrauch in den Sommermonaten ist enorm, um den Rasen so grün zu halten. "Ich war bisher nur auf einem Platz, an dem bewusst keine Chemie benutzt wird, und auf dem Schafe grasen - als natürlicher Rasenmäher", sagt Obama. Das Golfen mache ihr Freude, aber sie spiele ja auch nicht nur, um Spaß zu haben. "Die Leute, die mich unterstützen, sind hauptsächlich Golfer, und Golfer sind großzügig", sagt sie. Manchmal sammele sie 30 000 Euro an einem Nachmittag, vor allem mit Tombolas und Auktionen im Rahmen von Golfturnieren, von denen die Erlöse gespendet werden. "Damit kann ich sehr viele Kinder und ihre Familien unterstützen."

Golf-Weisheiten fürs Leben: "Es gibt immer einen Weg hinaus"

Ihr Ball jetzt ist auf einer mit Sand gefüllten Fläche gelandet, dem sogenannten Sandbunker. Schlägerwechsel. "Eine Freundin von mir sagt immer: Es gibt für alles einen Schläger", zitiert Obama. Beim Golfen heißt das: Für jede Entfernung und jeden Untergrund findet sich ein anderes Eisen. "Man kann das auch aufs Leben ableiten. Egal in welcher Situation man steckt, es gibt immer einen Weg hinaus." Natürlich komme es darauf an, was man daraus mache: Wie stark man schlägt, wie hoch oder tief der Ball fliegt, über Bäume oder ins Wasser. "Es gibt viele Sachen, die passieren können, das ist alles so spannend!" Dann macht es "Plopp", und Sand weht durch die Luft. Obama presst die Lippen zusammen. "Ich bin nicht so weit gekommen, wie ich wollte", sagt sie und glättet rasch mit einem Rechen den Sand für die nächsten Spieler.

Auch wenn sie lieber für ihre Arbeit als für ihren Halbbruder gesehen werden möchte: Irgendwann kommt auch auf dem Golfplatz die Sprache auf Barack Obama, der selbst leidenschaftlicher Golfer ist. Auma Obama verriet vor Jahren in einem Interview, er wolle erst mit ihr spielen, wenn sie gut sei: "Er braucht Konkurrenz." Aktuell liegt Auma Obamas Handicap bei 32. Ab 18 oder weniger gilt man als spielstarker Amateur-Golfer. Bis heute haben die Halbgeschwister nicht miteinander gespielt, zu selten ist sie in den USA, meistens sähen sie sich im Ausland, wo dann beide zu tun haben. "Heute weiß ich aber, ich muss nicht besser sein, ich muss nur mein Spiel spielen." Das sei das Tolle am Golfen: "Man kann mit jemandem spielen, der ein besseres Handicap hat, und trotzdem gewinnen. Es geht vor allem darum, dass man fokussierter ist." Den besten Beweis dafür hat sie sich selbst geliefert: Trotz ihres hohen Handicaps hat sie schon einmal ein Turnier in ihrem Klub in Nairobi gewonnen.

Keine Leidenschaft ohne Zubehör. Diese Gegenstände braucht Auma Obama auf dem Golfplatz:

Die Schuhe

(Foto: Kathrin Hollmer)

"Ich verreise nicht mit meinen eigenen Schlägern, das ist mir zu umständlich, und Schläger kann man ja überall ausleihen. Manchmal spiele ich sogar besser mit fremden Schlägern, weil ich mich mehr konzentriere. Bequeme Schuhe braucht man aber unbedingt beim Golfen. Meine haben "soft spikes", die Halt geben, aber den Rasen nicht verletzen. Meine ersten eigenen Schläger habe ich mir erst letztes Jahr gegönnt. Sie sind so schön, ich bin wirklich stolz darauf. Man wird gemessen, damit die Schläger die optimale Länge für die Körpergröße haben."

Die "Golfnottasche"

(Foto: Kathrin Hollmer)

"Meine große Golftasche mit Schlägern habe ich zu Hause, aber diese kleine habe ich immer dabei. Darin sind ein Bleistift, mit dem ich meine Ergebnisse notiere, und ein Radiergummi, ein paar Bälle, außerdem sogenannte Tees aus Plastik, kleine Stifte, die einem den ersten Schlag auf Löchern erleichtern sollen, und Ballmarker, mit denen man die Position des Golfballs auf dem Grün markiert. So eine Runde Golf dauert schon mal ein paar Stunden, deshalb habe ich auch Insektenspray, Magnesium, Kopfschmerztabletten und Taschentücher dabei."

Das Pflaster

(Foto: Kathrin Hollmer)

"Ich habe meinen Schwung noch nicht ganz gefunden, manchmal halte ich den Schläger zu fest, dann habe ich das Gefühl, wenn ich draufschlage, könnte mein Fingernagel abbrechen. Meine Fingernägel sind etwas länger, als es fürs Golfen praktisch wäre, und lackiert. Darum verbinde ich den Daumennagel vor dem Spielen mit einem Heftpflaster, so habe ich keine Angst mehr, dass er abbricht."

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