Zum 80. Geburtstag von Sean Connery:Der Mann

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Katzenhafte Eleganz, ein bisschen Sadismus und die Emanzipation von allen Haarfragen: Von Sean Connery, der an diesem Mittwoch 80 Jahre alt wird, kann man viel lernen. Zum Beispiel, wie man ein echter Mann wird.

Tobias Kniebe

Am Ausgang des Millenniums, als die Menschheit sich noch einmal vergewissern musste, was sie bis dahin getrieben hatte, wurde Sir Sean Connery vom People Magazine zum Sexiest Man of the Centur y gewählt. Er war damals 69 Jahre alt. Und anders als sonst bei solchen Wahlen gibt es in diesem Fall nur wenige Menschen, Frauen wie Männer, die dieser Einordnung ernsthaft widersprechen würden.

Die Frage im Rückblick ist also: Wie schafft man das? Wie muss einer sein, um eine derartige Ikone der Männlichkeit zu werden, auf die sich beide Geschlechter bis heute einigen können?

Man sollte auf jeden Fall das Leben mal kennengelernt haben - das zeigt schon ein flüchtiger Blick auf die Biographie des Thomas Sean Connery, der am 25. August 1930 in Fountainbridge, dem Arbeiterviertel von Edinburgh, geboren wird. Als Sohn einer Putzfrau und eines Fabrikarbeiters.

Seine frühe Plackerei als Milchausfahrer, Navy-Soldat, Künstlermodell und Sargpolierer schafft eine Verankerung in der Realität, die in allen seinen Rollen zu spüren ist, auf die er sich auch später immer verlassen kann. Den lokalen schottischen Zungenschlag jedenfalls wird er nie mehr ablegen - nicht einmal für seinen irischen Cop in Brian De Palmas "Die Unbestechlichen", für den er schließlich seinen Oscar gewann.

Ein wahrer Mann weiß also, wo er hingehört. Bei Connery wird das noch dadurch unterstrichen, dass er ein "Scotland Forever"-Tattoo am Körper trägt, sich zeitlebens für die Unabhängigkeit der Schotten von der englischen Okkupation starkgemacht hat und mit Kenntnis und wirklicher Leidenschaft von der schottischen Geschichte erzählen kann, was er erst letztes Jahr mit seinem Buch "Being a Scot/Mein Schottland, mein Leben" bewiesen hat. Wer so viel für seine Heimat tut, darf dann auch die meiste Zeit des Jahres auf den Bahamas leben.

Sehr wichtig für den jungen Connery ist auch der Sport, zunächst der Fußball. Mit 23 Jahren sieht ihn Matt Busby, der Landsmann und legendäre Manager von Manchester United, spielen - und bietet ihm sofort einen Profivertrag für 25 Pfund die Woche an. Ob Connery wohl auch in Old Trafford zur Legende geworden wäre, eine Art Vorläufer von George Best? Schwer zu sagen - er selbst hält sich damals jedenfalls schon für zu alt und lehnt ab.

Auch im Bodybuilding versucht er sich, nimmt 1953 sogar an der Wahl zum Mister Universum teil - aber kürzlich hat er klargestellt, dass er trotz anderslautender Legenden keinen Preis gewonnen hat: "Neben dem Gewinner sah ich lächerlich aus, wie ein leichtgewichtiger Schwächling." Damit beweist er, dass der Körper für die Sexiness zwar wichtig ist, aber doch mit einer gewissen Nachlässigkeit gehandhabt werden muss. Noch so eine entscheidende Lektion: Ein wahrer Mann hört auf, bevor eine Sache in peinlichen Fanatismus ausartet.

Dazu passt, dass er als junger Mann zwar umwerfend gut aussah, aber doch nie als Schönling klassifiziert werden konnte. Ein Schönling braucht volles, am besten sogar wallendes Haupthaar - ein Sexiest Man of the Centur y hingegen nicht. Sean Connery verlor seines recht früh. So hat die Welt ihn erst mit Toupet, später dann auch ohne Haare kennengelernt. Einen Unterschied machte es nicht. Vielleicht ist das sogar der erste, für viele schon entscheidende Stolperstein auf dem Weg zum Mann: zu lernen, sich von allen Haarfragen zu emanzipieren.

Lesen Sie weiter auf Seite 2, wie Connery seine Berufung erkannte.

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Genauso wenig darf man bei dem ewigen Problem verkrampfen, was denn nun die wahre Berufung im Leben werden könnte. Sean Connery gerät eher zufällig in die Theaterszene - beim Musical South Pacific suchen sie kräftig gebaute Statisten, der Lohn ist besser als anderswo. Irgendwann aber sieht er dann auch seine Chance und ergreift sie, verschlingt den Kulturkanon von Shakespeare bis Joyce in Stadtbüchereien, arbeitet sich zum BBC-Hauptdarsteller empor, erprobt sich als Alexander der Große oder auch mal als Macbeth. Den Durchbruch bringt dann aber erst ein spezielles Bewegungstraining bei dem schwedischen Tänzer Yat Malgrem, das dieser nach den Theorien des Ungarn Rudolf Laban entwickelt hat.

Hier hat die oft beschriebene, von keinem Nachfolger erreichte katzenhafte Eleganz und Gefährlichkeit ihren Ursprung, mit der Sean Connery dann James Bond zum Welterfolg führen wird - und James Bond ihn. Von Dr. No 1962 über Goldfinge r bis hin zu Sag niemals nie trägt er sieben Mal den Smoking von Ian Flemings Superagent - und bis heute wird unterschätzt, welch delikate Balance er dabei zu halten versteht: dieser Anflug von Grausamkeit und Sadismus in seinem Lächeln, nur entschärft durch sardonische Komplizenschaft mit dem Publikum; dreiste erotische Suggestion, konterkariert durch herrliche Unschuldsmiene; und diese fast kindliche Verspieltheit, die ihn selbst unter größtem Druck im Hauptquartier des Bösen von einem Obstteller noch die Trauben naschen lässt.

Ach ja, das Naschen, die Frauen, die Früchte des Erfolgs: Sean Connery hatte da natürlich alle Möglichkeiten - aber zu seiner Legende gehört auch, dass er keine von diesen lächerlichen Gestalten wurde, die sich in der Liebe ständig den Magen verdorben haben. Irgendwann wurden das Golfspielen, die Politik, die Investments dann doch wichtiger als jede kurzfristige Ablenkung - und seit 1975, seit seiner zweiten Eheschließung mit der französischen Malerin Micheline Roquebrune, herrscht einfach Ruhe.

In Würde altern, das können die richtigen Männer dann am Ende wirklich besser als die anderen. Hitchcock hatte ihn schon zu Bond-Zeiten geholt, für "Marnie" - aber erst danach spielt Connery noch einmal eine ganze Reihe von wundervollen Rollen: einen elegischen Robin Hood in Robin und Marian, den Mönch William von Baskerville in Der Name der Rose, oder den unbezwingbaren Vater von Indiana Jones. Einiger Schrott ist auch dabei, was seinen Status aber nicht mehr im mindesten ankratzen kann. Zuletzt weiß einer wie er dann eben auch, wann Schluss sein muss.

Seit sieben Jahren steht er nicht mehr vor der Kamera - und als Steven Spielberg und George Lucas vor zwei Jahren praktisch auf Knien angekrochen kamen, um ihn noch einmal an die Seite von Indiana Jones zurückzuholen, antwortete er nur, der Ruhestand mache halt leider doch einfach viel zu viel Spaß.

Nun, an seinem achtzigsten Geburtstag, bleibt nur zu sagen, dass er damit natürlich recht hatte. Wie in so ziemlich allem, was er getan - oder eben auch gelassen hat.

© SZ vom 25.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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