Umweltschutz:Senckenberg-Chef fordert mehr Mut

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Der Generaldirektor der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, Klement Tockner, steht in einem Ausstellungsraum. (Foto: Tränkner/Senckenberg/Tränkner/Senckenberg/dpa)

Klement Tockner ist in den Wissenschaftsrat berufen worden. Im Kampf gegen den Klimawandel sind wir zu zögerlich, sagt der Biodiversitätsforscher.

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Frankfurt/Main (dpa) - Der Generaldirektor der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung vermisst in Politik und Gesellschaft den Mut, den Verlust der biologischen Vielfalt und den Klimawandel entschieden zu bekämpfen. „Wir sind viel zu zaghaft“, sagte Prof. Klement Tockner der Deutschen Presse-Agentur. Der Biodiversitätsforscher wurde im Januar von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in den Wissenschaftsrat berufen. „Wenn man wirklich ins Handeln kommen will, muss man deutlich mutigere Schritte setzen.“

„Wir geben pro Jahr 78 Milliarden für Umweltschutz aus, aber 94 Prozent dieser Summe fließt in Abfallentsorgung, Abwasserreinigung und die Beseitigung von Umweltschäden - wir geben sie also fürs Aufräumen aus.“ Nur ein verschwindend kleiner Teil dieser Summe komme Projekten zugute, die nachhaltig eine Verbesserung bewirkten wie die Wiedervernässung der Moore oder die Renaturierung von Auen.

Und damit nicht genug: „Die Summe, die wir in Umweltschutz investieren, ist etwa genauso hoch wie die Summe, die wir für umweltschädliche Subventionen ausgeben.“ Dazu zählen Flächenprämien in der Landwirtschaft oder die steuerliche Begünstigung von Kerosin. „Öffentliche Mittel sollten dem Gemeinwohl dienen“, so der Generaldirektor.

Vielen Vorhaben seien ambitioniert, „aber wenn es an die Umsetzung geht, wird wieder der Rückwärtsgang eingelegt“. Beispiele seien das Lieferkettengesetz und die Pestizidverordnung. „Da fehlt mir der politische Mut, die zentrale Aufgabe der Politik sollte sein, Vorsorge für die zukünftigen Generationen zu treffen.“

Oft fehle es schlicht an Wissen, so Tockner - zum Beispiel darüber, dass Biodiversität und Klimaschutz nicht immer Hand in Hand gehen: „Alle Maßnahmen zum Erhalt der biologischen Vielfalt wirken sich positiv für den Klimaschutz aus. Aber viele Maßnahmen für den Klimaschutz haben einen negativen Effekt auf die Biodiversität.“

Als ein Beispiel nennt Tockner den ungebremsten Ausbau von Wasserkraft. Stauseen oder die weitreichende Umleitung von Wasser würden viele Arten vernichten. Für illusorisch und verfehlt hält er die Hoffnung, das Klimaproblem „mit großtechnischen Mitteln“ zu lösen. „Wir müssen mit der Natur, nicht gegen die Natur handeln.“

© dpa-infocom, dpa:240223-99-91800/2

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