Kolumne "Nichts Neues":Nie ohne Hut!

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(Foto: Fischer Verlag/Bearbeitung: SZ)

Gipfeltreffen in Paris: Georg Stefan Troller über Coco Chanel.

Von Johanna Adorján

Ob Coco Chanel wirklich so war, wie Georg Stefan Troller sie in seinem absolut hinreißenden Porträt beschrieb, das in den Siebzigerjahren in seinem Buch "Pariser Gespräche" erschien, darf offiziell bezweifelt werden. Es entstand auf Grundlage eines ihrer letzten Interviews, und der Autor bekennt eingangs, dass sie anschließend böse auf ihn gewesen sei, sehr böse, weil er das Interview aus dem Gedächtnis protokolliert habe und dabei möglicherweise etwas frei gewesen sei.

Das klingt natürlich schon danach, dass sein Porträt die Grenzen zur Fiktion hier und da übertrat. Aber manchmal ist eine Nachdichtung ja näher an der Wahrheit als die Realität. Und geht man einfach mal davon aus, dass 80 Prozent schon stimmen werden, was für eine umwerfend nervige und lustige Person muss Coco Chanel dann gewesen sein. Jedenfalls mit Mitte 80. Denn etwa so alt war sie, als sie den deutschen Journalisten in der berühmten Rue Cambon Nr. 31 empfing. Die Treppe hinauf, und schon war man in ihrem Salon, "denn Coco Chanel hat ihre Wohnung über dem Geschäft, wie jeder französische Krämer", schreibt Troller.

"Die Welt stirbt, weil die Leute sich dauernd ausruhen wollen ..."

Die Begegnung liest sich sehr schwungvoll. Der Journalist ist zum Mittagessen einbestellt. Als er kommt, ist Madame nicht im Haus. Als sie schließlich eintrifft, plaudert sie drauflos, ohne sich von so etwas Lästigem wie Fragen unterbrechen zu lassen. Sie klingt komischerweise nach Lagerfeld. Schnoddrig und geistreich haut sie ein Bonmot nach dem anderen raus, und klingt dabei ebenso amüsiert wie amüsant. Troller ist in seiner Beschreibung kein bisschen charmant und gerade deshalb respektvoll. Da er ohnehin nicht zu Wort kommt, wohnt er nur staunend dem Schauspiel dieses zierlichen kleinen Wirbelsturms bei, der einen Hut aufhat und ein beigefarbenes Chanelkostüm trägt, das an den Ellenbogen durchgewetzt ist. "Sagen Sie Ihren Leserinnen, die Frauen von heute wissen zu viel - aber sie wissen nichts mehr von Zartheit." "Die Welt stirbt, weil die Leute sich dauernd ausruhen wollen..." "Und nie ohne Strümpfe und Hut ausgehen!" Nicht lange nach diesem Interview ist Coco Chanel gestorben - "hoffentlich nicht an seinen Folgen", schreibt Troller.

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