Leonardo DiCaprio hofft, dass in der Ferne eine goldene Statue wartet. Tatsächlich schimmert aber nur das Gold des Sonnenlichts in seinem Gesicht, nicht das der Trophäe. Günstigstenfalls muss sich Leo nur noch bis Sonntag gedulden, wenn die 88. Academy Awards verliehen werden.
Bester Nebendarsteller in "Gilbert Grape - Irgendwo in Iowa"
Früh übt sich, wer einen Oscar gewinnen will. In "Gilbert Grape - Irgendwo in Iowa" aus dem Jahr 1993 spielte Leonardo DiCaprio (im Bild links), damals gerade 19 Jahre alt, den geistig behinderten Bruder der Hauptfigur (verkörpert von Johnny Depp). Sein eindringliches Porträt des jungen Arnie Grape geht direkt ins Herz und bescherte ihm 1994 eine Oscar-Nominierung als bester Nebendarsteller. Aber gegen Tommy Lee Jones in "Auf der Flucht" konnte sich der junge Leo nicht durchsetzen. Es war die erste Oscar-Enttäuschung, die der Schauspieler verkraften musste. Und auf diese sollten in den kommenden 23 Jahren noch einige folgen.
Bester Hauptdarsteller in "Aviator"
Elf Jahre nach seiner ersten Oscar-Nominierung kam die zweite Chance. In "Aviator" spielte DiCaprio den Luftfahrtpionier Howard Hughes, der langsam wahnsinnig wird. Es war die zweite Zusammenarbeit mit Regisseur Martin Scorsese. Scorseses Werk der letzten 15 Jahre ist durch die Kooperation mit DiCaprio geprägt. Schon ihr erster gemeinsamer Film "Gangs of New York" zeigt einen motivierten und beeindruckenden Leonardo DiCaprio, auch wenn es erst bei "Aviator" für eine Nominierung 2005 reichte. Aber Jamie Foxx war als Ray Charles in "Ray" einfach besser. Und DiCaprio musste sich erneut geschlagen geben.
Bester Hauptdarsteller in "Blood Diamond"
Aller guten Dinge sind drei, mag Leo gehofft haben. In "Blood Diamond" aus dem Jahr 2006 spielt Leonardo DiCaprio Danny Archer, der wild und ungestüm durch lebensbedrohliche Szenarien wandert, um sich persönlich zu bereichern und gleichzeitig seine Vergangenheit zu vergessen. Trotz überzeugend schmerzverzerrtem Gesicht und hoher physischer Präsenz in diesem Actionkracher reichte es abermals nicht für einen Oscar. Der ging 2007 an Forest Whitaker als Idi Amin in "Der letzte König von Schottland - In den Fängen der Macht".
Bester Hauptdarsteller in "The Wolf of Wall Street"
Spätestens 2014 war es zum Running Gag geworden, Leonardo DiCaprio als ewig Nominierten zu bezeichnen. In "The Wolf of Wall Street" - wieder von Martin Scorsese - ist er als betrügerischer Anlageberater Jordan Belfast sympathisch und widerlich zugleich. Sein Porträt des konstant mit Drogen vollgepumpten Snobs spielt er überzeugend und hinreißend unterhaltsam. Wie so oft in einem Scorsese Film folgt auf den Aufstieg des Protagonisten sehr bald der Abstieg. Die Verzweiflung und Hilflosigkeit, die DiCaprio seiner Rolle abgewinnt, überzeugt und rührt. Die vierte und fünfte Nominierung - als bester Film, für den Leo als Produzent von "The Wolf of Wall Street" ebenfalls nominiert war - war gerechtfertigt, die Niederlage, nun ja, ließ den Running Gag weiterleben. Den Oscar nahm Matthew McConaughey mit nach Hause für seine Rolle in "Dallas Buyers Club". Als bester Film hat "12 Years a Slave" gewonnen.
Bester Hauptdarsteller in "The Revenant"
Mit "The Revenant" - immerhin 23 Jahre nach seiner ersten Oscar-Nominierung - will Leonardo DiCaprio nun alles richtig machen. Alles, um endlich den Academy Award zu gewinnen. Er spielt den Trapper Hugh Glass. Zum Sterben wird dieser von seinen Begleitern im Wald zurückgelassen. Zwar bezahlt der Captain einen Söldner, damit dieser Glass Schutz bietet, bis er seine letzten Atemzüge in Ruhe und Frieden getan hat. Der Söldner macht das nicht, sondern geht. Und Glass überlebt, das stete Ziel vor Augen, sich dafür an ihm zu rächen. Leo redet in dem Film kaum - die meiste Zeit ist er auch alleine unterwegs, doch sein Schauspiel ist atemberaubend. Man meint, die Kälte, den Schmerz, das Leid zu spüren, die der bärtige Mann auf der Leinwand durchleben muss. Aber was tut man nicht alles für den ersehnten Goldjungen. In der Nacht auf Montag begleitet SZ.de die Oscarverleihung im Liveticker