Vor ein paar Jahren erzählte Moses Pelham in einem Interview beiläufig von der Zeit, in der er jenes Album veröffentlichte, das seinen Durchbruch als Rapper und Produzent "Moses P" bedeuten sollte. 1994 war das, sein Album hieß "Direkt aus Rödelheim" und war das Debüt des Rödelheim Hartreim Projekts, an dem außer Pelham auch der Rapper und Produzent Thomas Hofmann sowie die beiden Produzenten Martin Haas und Robert Sattler beteiligt waren. Wenn "Direkt aus Rödelheim" damals gefloppt wäre, so Pelham, dann wäre Schluss gewesen. Er hätte studiert und würde heute wie einige seiner alten Freunde wohl nur in seiner Freizeit Musik machen. Denn eigentlich war er 1994 schon an der Frankfurter Universität in Rechtswissenschaften eingeschrieben.
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Dienstag ist die Pointe natürlich, dass die Geschichte des deutschen Urheberrechts sehr wahrscheinlich um ein nicht ganz unwesentliches Kapitel ärmer wäre, wenn der 1971 in der Frankfurter Nordweststadt geborene und im Stadtteil Rödelheim aufgewachsene Rapper tatsächlich Jurist geworden wäre. Er hätte dann schließlich nicht die Rapperin Sabrina Setlur entdeckt und nicht für ihr zweites, 1997 erschienenes Album "Die neue S-Klasse" den Song "Nur mir" geschrieben und produziert.
Für die Beat-Basis von "Nur mir" verwendete Pelham - ohne um Erlaubnis zu fragen - eine zweisekündige Sequenz aus der Originalaufnahme des alten Songs "Metall auf Metall" der Band Kraftwerk. Die sah darin 1998 eine Verletzung ihres Urheberrechts - und bekam vom Bundesgerichtshof 2012 recht. Das wiederum wollte Pelham - im Namen der Freiheit der Kunst - nicht hinnehmen und zog vor das Bundesverfassungsgericht. Es hat jetzt die Kunstfreiheit stärker gewichtet als das Urheberrecht und damit auch Pelhams Musikgenre, den Hip-Hop, höchstrichterlich nobilitiert.
Vielleicht kein Wunder
Denn das Grundprinzip des Hip-Hop ist es, Schnipsel von Aufnahmen anderer Künstler zu nehmen und zu neuer, eigener Musik zusammenzusetzen. Dass dieser Coup nun gerade Moses Pelham gelungen ist, ist vielleicht kein Wunder. Der Sohn eines Musikers ist nicht nur einer der wenigen deutschen Mainstream-Pop-Produzenten und Songwriter von internationalem Format (man höre nur das neue Xavier-Naidoo-Album "Nicht von dieser Welt 2"), sondern auch ein kluger Kopf.
Allerdings ein kluger Kopf, der keinem noch so ungeschickten Streit aus dem Weg geht, wenn er sich ungerecht behandelt fühlt. Bei einer Preisverleihung brach er 1997 Stefan Raab das Nasenbein, weil der sich in seinen Sendungen über ihn lustig gemacht hatte. 2006 gründete er mit Partnern eine (mittlerweile aufgelöste) Firma, die mit Massenabmahnungen von Privatpersonen bekannt wurde, die illegal Musik aus dem Netz heruntergeladen hatten. Und sogar mit Xavier Naidoo, den er entdeckt hatte, war er jahrelang zerstritten.