Bibliotheken - Wiesbaden:Bibliotheken arbeiten auch mit verschlossenen Türen weiter

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Der Schriftzug "Bibliothek" blättert von einer Fassade. Foto: Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/ZB/Symbolbild (Foto: dpa)

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Wiesbaden/Frankfurt (dpa/lhe) - Die Türen sind wegen der Corona-Pandemie vielerorts verschlossen, doch haben Bibliotheken in Hessen deswegen noch lange nicht den Verleih eingestellt. "Ich glaube, dass fast niemand den Verleih komplett geschlossen hat", sagte die geschäftsführende Vorsitzende des Landesverbandes Hessen im Deutschen Bibliotheksverband, Andrea Wolff, der Deutschen Presse-Agentur. "Es ist so, dass eigentlich alle Bibliotheken unterschiedliche Abhol-, Bring- oder Telefonservices anbieten." Der Grund: In den Auslegungshinweisen zur Verordnung zur Beschränkung sozialer Kontakte sind sie ausdrücklich von Schließungen ausgenommen. Dort heißt es: "Nicht geschlossen sind Archive, Bibliotheken und Autokinos."

Bei den Bibliotheken müsse zwischen den öffentlichen und den wissenschaftlichen Einrichtungen unterschieden werden, sagte Wolff. Letztere hätten meist schon aufgrund der Größe einen Vorteil und zudem eine ganz konkrete Aufgabe. Der Lehr- und Forschungsbetrieb an Universitäten oder in Instituten gehe weiter, auch in Corona-Zeiten. "Wir müssen für die Studierenden, Lehrenden und Forschenden ja auch Literatur oder Informationen zur Verfügung stellen." Alle wissenschaftlichen Bibliotheken in Hessen seien geöffnet. In vielen dieser Bibliotheken könnten mit den entsprechenden Hygienemaßnahmen auch Arbeitsplätze genutzt werden.

"Bei den öffentlichen Bibliotheken ist ja auch der kulturelle Bildungsauftrag gerade in dieser Zeit ganz wichtig", sagte Wolff. Da die Häuser aber meist kleiner sind, sei dort auch weniger möglich. "Viele öffentliche Bibliotheken haben sich dann alternative Maßnahmen ausgedacht." In fast allen Bibliotheken gebe es weiterhin zumindest eine gewisse Medienversorgung. Gerade in Zeiten geschlossener Schulen sei es ja auch für Kinder und Jugendliche aus sozial schwächeren Familien wichtig gewesen, nicht den Anschluss zu verlieren.

Während es bei vielen Einrichtungen kommunaler Träger wie zum Beispiel in Oberursel derzeit auf der Homepage heißt, "Leider bleibt die Stadtbücherei geschlossen", bieten die Häuser doch Onlinebestellungen und Abholzeiten nach Terminvereinbarung an. "Wir haben alle zehn Minuten einen Termin", sagte die Sprecherin der Zentralbibliothek in Frankfurt, Sabine Prasch. Interessierte können online oder telefonisch Medien bestellen. Wenn alles zusammengesucht ist, wird ein Termin vereinbart. "Die Leute sind sehr dankbar, dass wir das anbieten." So könne man kontaktarm relativ vielen Menschen ein Angebot machen.

Viele Bibliotheken in Hessen sind zudem Teil der Initiative "Onleihe". Wer einen Bibliotheksausweis hat, kann auf das digitale Angebot aller beteiligten Häuser zugreifen. Der Verbund wird finanziell vom Wissenschaftsministerium unterstützt. "Durch Mittel in Höhe von 400 000 Euro konnten im Jahr 2020 Lizenzen gekauft und der Ausbau des digitalen Onleihe Verbund Hessen gestärkt werden", teilte das Ministerium mit. Die begonnene Förderung werde in diesem Jahr fortgesetzt.

Andere Bibliotheken wie die Stadtbüchereien in Wiesbaden oder Dieburg öffnen in der Krise auch ihre Türen. "Es dürfen nur maximal sechs Leute rein", sagte die Leiterin der Stadtbibliothek in Dieburg, Annette Rüth, zu den Hygiene- und Abstandsregeln. Aber das Interesse sei ungebrochen. Es habe Tage gegeben, da seien in fünf Stunden mehr als 100 Leute gekommen. Eine Änderung beim Leseverhalten in der Pandemie sei nicht festzustellen. "Man merkt, dass der Bedarf nicht abgenommen hat."

Das bestätigt auch Wolff vom Bibliotheksverband. "Bei öffentlichen Bibliotheken kann man sehen, dass die Onleihe gestiegen ist. Die Printausleihe ist rückläufig, allerdings nicht so stark, wie man erwarten würde." Die Pandemie habe gezeigt, dass in sozialen Medien gut geschulte Mitarbeiter wichtig seien. Zudem sei die Flexibilität wichtig. Das Angebot der rund 450 Einrichtungen mit noch mehr Standorten sei in jedem Fall bisher intensiv nachgefragt worden.

Und wo führt der Weg hin? Für das Wissenschaftsministerium ist klar: "Der Trend zu digitalen Medien wird sich verstärken. Der steigende Bedarf an Bibliothekssoftware, die Zugang zu Dienstleistungen der Bibliotheken auch von zu Hause ermöglicht, ist klar zu erkennen." Rüth und Wolff sehen noch einen anderen Trend: Die Bücherei komme weg vom teils verstaubten Image der Vergangenheit, hin einem Lern-, Aufenthalts- und Veranstaltungsort mit mehr Eventcharakter.

© dpa-infocom, dpa:210228-99-624891/2

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