Garten:Bäume zu verschenken

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So könnte es bald auch in den Vorgärten von Saarlouis aussehen: zwei Kugelrobinien vor einem alten Fachwerkhaus. (Foto: Redeleit/Imago)

Buche, Kugelahorn - oder doch lieber eine Eiche? In Saarlouis können sich Bewohner gerade bis zu drei Exemplare für ihren Vorgarten bestellen. Bezahlen müssen sie dafür nichts. Was steckt hinter der Aktion?

Von Joachim Göres

"Hausbäume für Saarlouis" - unter diesem Titel läuft derzeit ein besonderes Projekt: Die Stadt an der Grenze zu Frankreich verschenkt Bäume an interessierte Einwohner und finanziert sogar die fachgerechte Anpflanzung. Im Gegenzug verpflichten sich die Grundstückseigentümer, ihren Baum gerade in den ersten Jahren regelmäßig zu bewässern und ihn dauerhaft zu erhalten. "Das Interesse an unserem Angebot ist größer als erwartet. Wir haben schon 85 Anträge bewilligt. Im Winter werden die Bäume gepflanzt", kündigt Andreas Ney an, Umweltschutzbeauftragter von Saarlouis.

Interessierte können bis zu drei Exemplare aus einer Liste von mehr als 30 Baumarten auswählen, wenn sie dafür Platz in ihrem Garten haben. "Am gefragtesten sind bislang Kugelahorn und Kugelrobinie", sagt Ney. Das mag auch daran liegen, dass diese beiden Arten nur bis zu zehn Meter hoch und sechs Meter breit werden.

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Auf der Auswahlliste finden sich auch mittelgroße Bäume (acht bis 20 Meter hoch, sechs bis zwölf Meter breit) wie Hopfenbuche, Mehlbeere und Trompetenbaum sowie Großbäume (15 bis 30 Meter hoch, zehn bis 20 Meter breit) wie Platane, Walnuss und Traubeneiche. "Wir haben Arten ausgewählt, die klimaresilient sind", sagt Ney. Damit sind zum Beispiel Bäume gemeint, die auch bei anhaltender Trockenheit widerstandsfähig gegenüber Schädlingen und mit ihnen verbundenen Krankheiten bleiben.

Etwa 600 Euro kostet ein Baum inklusive Anpflanzung durch einen Fachbetrieb

Mit der Aktion reagiert die Stadt auf steigende Temperaturen und Trockenheit. "Im Klimagutachten von 2020 haben wir festgestellt, dass Saarlouis sehr überhitzt ist und es viele Hotspots entlang der Straßen gibt. Mit mehr Grün in der Stadt wollen wir dem entgegenwirken", betont Ney. Die Bäume müssen im Vorgarten oder neben dem Haus angepflanzt werden, damit die angrenzende Straße davon profitiert und zudem das Stadtbild verschönert wird. Bis 2025 sollen in Saarlouis so mindestens 200 neue Bäume ihren Weg in Privatgärten finden.

Etwa 600 Euro kostet ein Baum inklusive Anpflanzung durch einen Fachbetrieb. 90 Prozent dieser Kosten übernimmt der Bund im Rahmen des Programms "Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel" zur CO₂-Minderung. 2021 wurden durch dieses bis 2025 laufende Programm außer in Saarlouis bundesweit weitere 147 Projekte mit insgesamt 100 Millionen Euro gefördert, zum Beispiel für die Revitalisierung von aufgegebenen Straßenbaumstandorten in Alzey (Rheinland-Pfalz), für die Baumpflanzung auf dem Altmarkt in Dresden, oder die Sanierung von Straßenbäumen in Leverkusen.

Saarlouis bekommt für sein Projekt 112 500 Euro aus Bundesmitteln. Ney: "Wir freuen uns über diese Förderung. Aber selbst wenn Saarlouis die kompletten Kosten übernehmen müsste, wäre das noch günstiger, als wenn man auf öffentlichem Grund einen neuen Alleebaum anpflanzt. Dafür müssen unter anderem der Asphalt aufgebohrt und eventuell Leitungen neu verlegt werden, und man ist schnell bei 5000 Euro und mehr pro Baum."

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"Es dauert Jahre, bis die Bäume so groß sind, dass sie Schatten werfen können"

Dass Gemeinden Bäume an ihre Bürger verschenken, ist nicht neu. So hat im niedersächsischen Lengede der Gemeinderat Ende 2019 beschlossen, 1000 Laubbäume kostenlos zur Verfügung zu stellen, als Beitrag zum Klimaschutz. Das Besondere an der Aktion in Saarlouis ist, dass dort die Anpflanzung durch Fachleute übernommen wird und die Stadt mitbestimmt, wo der neue Baum auf dem privaten Grundstück stehen soll. Dazu gehört auch die schriftliche Vereinbarung, wonach Grundstücksbesitzer den neu angepflanzten Baum pflegen und ihn nötigenfalls ersetzen müssen.

Dieter Fuchs vom Amt für Umwelt und Stadtgrün in Bonn ist Leiter der Arbeitsgemeinschaft Stadtbäume der Deutschen Gartenamtsleiterkonferenz. Er begrüßt die Aktion in Saarlouis. Gleichzeitig warnt Fuchs vor übertriebenen Erwartungen: "Es dauert Jahre, bis die Bäume so groß sind, dass sie Schatten werfen können." Das gilt natürlich auch für die Bäume, die in Bonn und anderen Städten von den Kommunen auf städtischen Flächen angepflanzt werden.

In Bonn waren das im vergangenen Jahr etwa 700 junge Bäume - 600 ersetzten alte und kranke Exemplare, 100 wurden an neuen Straßen oder Baugebieten angepflanzt. "Viele Städte geben in den vergangenen Jahren deutlich mehr Geld für den Erhalt bestehender und die Anpflanzung neuer Bäume aus, um etwas fürs Klima zu tun. Das führt mittlerweile zu Wartezeiten bei der Baumbeschaffung, weil die Bestellungen explodieren und die Baumschulen nicht mehr hinterherkommen", sagt Fuchs.

Skeptisch zeigt er sich gegenüber Verpflichtungen von privater Seite, sich dauerhaft um neue Bäume kümmern zu wollen. "Wir haben schon heute kaum die Kapazitäten, um zu kontrollieren, ob bei Ersatzmaßnahmen, wenn Bäume gefällt und an anderer Stelle dafür neue angepflanzt wurden, die Bäume wirklich noch nach fünf Jahren stehen", so Fuchs.

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