Angesichts der Flüchtlingsdebatte und der Pegida-Demonstrationen ist in Deutschland das Thema Rechtsextremismus wieder aktuell. Nicht nur in Familien, im Bekanntenkreis und im Sportverein wird diskutiert und gestritten. Auch im Büro, am Arbeitsplatz fragen sich viele: Was ist rechts, was rechtsradikal? War der Spruch vom Kollegen neulich ein missglückter Scherz oder schon fremdenfeindliche Hetze?
Oft ist Rechtsextremismus gar nicht so einfach zu fassen. Es gibt nicht die eine, klare Definition, was rechtsextrem ist und was nicht. Doch fest steht, dass Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus die gesamte Gesellschaft etwas angehen: Männer wie Frauen, Ost und West. Darum ist es wichtig, sich auch im Arbeitsalltag damit auseinanderzusetzen.
Die Unternehmen sind gefordert, Führungskräfte, Betriebsräte und Gewerkschaften - aber auch jeder Einzelne, wie die folgenden Fallbeispiele zeigen.
Rechte Facebook-Kommentare
"Ich bin mit meiner Kollegin bei Facebook befreundet. Dort bekomme ich mit, dass sie immer wieder fremdenfeindliche Sachen zur Flüchtlingsdebatte postet. Offenbar ist sie auch in einer rechtsradikalen Organisation Mitglied und schickt ihre Kinder zu völkischen Jugendfreizeiten. Ich habe meinen Chef informiert. Der sagte, dass das kein Grund für eine Kündigung sei."
Was Menschen in ihrer Freizeit machen, geht den Arbeitgeber in der Tat erst einmal nichts an. Wenn sich die rechtsradikalen Aktivitäten der Kollegin auf ihr Privatleben beschränken, ist es in der Regel nicht möglich, dagegen vorzugehen - selbst eine Straftat ist nicht unbedingt ein Kündigungsgrund. Es kommt allerdings auf die Art des Arbeitsverhältnisses an. "Für Staatsangestellte wie Lehrer, Richter oder andere Beamte gilt eine besondere Treuepflicht gegenüber Staat und Verfassung", erläutert der Düsseldorfer Arbeitsrecht-Experte Daniel Hautumm. In solchen Fällen können auch Freizeitaktivitäten eine Rolle spielen.
Letztlich muss aber jeder Einzelfall gesondert betrachtet werden. "Der Bezug zum Arbeitgeber ist entscheidend", so der Anwalt. Ein Beispiel: Das Arbeitsgericht Mannheim hat entschieden, dass eine private Kita einem rechtsradikalen Erzieher kündigen darf. "Da besteht die begründete Angst, dass der Mitarbeiter, der ja den besonderen Auftrag hat, sich fürsorglich um Kinder zu kümmern, seine Hetze an diese weitergibt. In so einem Fall kann auch dessen privates Engagement ein Kündigungsgrund sein", erläutert der Jurist.
Was also können die aufmerksame Kollegin und der Arbeitgeber tun? Michael Nattke ist Fachreferent beim Kulturbüro Sachsen e. V., er hat zum Thema Rechtsextremismus unter Berufsschülern geforscht und berät Betroffene, Unternehmen und Betriebe. Er sagt: "Der erste Schritt ist immer, sich schlau zu machen." Welchen Hintergrund haben spezielle Gruppen und Organisationen? Woran erkenne ich rechtsradikale Symbole und Kleidung? Zu solchen und weiteren Fragen hat die gemeinnützige Bildungseinrichtung "Arbeit und Leben Hamburg" eine Informationsbroschüre zusammengestellt.