Mit den Erfahrungen von Stephanie Huber ließe sich eine Seifenoper füllen: Die Mediatorin vermittelt in Unternehmen, wenn ein Streit eskaliert. Ein Chef ruft sie an und sagt, seine Mitarbeiter hätten sich im Meeting angespuckt. Kollegen wissen nach einer Ohrfeige nicht, wie sie miteinander umgehen sollen. Und zwei Unternehmen sollen zusammenarbeiten - die Mitarbeiter halten einander aber für Deppen.
SZ: Frau Huber, wie sah der heftigste Bürostreit aus, an den Sie sich erinnern?
Stephanie Huber: Das war ein Streit zwischen zwei Geschäftsführern. Einer der beiden hatte am Ende ein blaues Auge und eine gebrochene Rippe. Sein Kollege ist in einer Auseinandersetzung plötzlich vom Schreibtisch aufgesprungen, hat seinen Stuhl umgeschmissen und ist auf ihn losgegangen - vor den Augen der Sekretärinnen. Allerdings habe ich in dem Fall nur mit dem Geprügelten gearbeitet, weil ich gesagt habe: Wenn ich mit beiden zusammenarbeiten soll, behalte ich mir vor, den Notruf zu wählen. Das hat dem Schläger nicht gepasst.
Können Sie denn etwas ausrichten, wenn Sie mit nur einer Konfliktpartei sprechen?
Zu einem Konflikt zwischen zwei Parteien trägt jeder zu 50 Prozent bei. Deshalb können Sie die Situation durchaus verändern, wenn Sie bei einer von beiden etwas ändern.
Haben Sie dem Geschlagenen geraten, das Unternehmen zu verlassen?
Als Konfliktmanagerin rate ich nichts. Ich berichte höchstens, wie andere Menschen in dieser Situation ihren Streit beendet haben. Die beiden arbeiten heute immer noch zusammen. Ich bewerte das nicht. Aber ich glaube, dass der Mensch eine Therapie bräuchte, um seine Aggressionen in den Griff zu bekommen. Ich habe das oft, dass Menschen einfach rumschreien.
Wie geht man mit Cholerikern im Büro um?
Zwei Partner haben sich während der Mediation zum Beispiel darauf geeinigt: Wenn der eine schreit, geht der andere wortlos raus und schließt die Tür. Der Schreier meldet sich wieder, wenn er sich beruhigt hat. Die haben erkannt, dass der sich entladen muss, der braucht seine Anfälle, das hat nichts mit Respektlosigkeit zu tun. Im Gegenteil: Er hat gesagt, er schreie nur seine Frau und seinen Partner an, weil sie sich so nahe seien. Zwischen den beiden funktioniert diese Vereinbarung gut. Aber das ist nie mein Vorschlag. Ich frage nur: Wie können Sie damit umgehen?
Warum brauchen Unternehmen dafür eine Mediatorin? Könnte eine Vorgesetzte das nicht auch?
Es braucht eine objektive Person, die keine eigenen Interessen in der Sache hat. Der Chef oder die Chefin weiß ja, welcher der beiden Mitarbeiter schwieriger zu ersetzen ist, welcher vielleicht bessere Arbeit leistet. Das befeuert den Konflikt.
Worum geht es in den Streitereien am häufigsten?
Es geht nie um eine Sache. Menschen streiten sich, weil sie etwas emotional betrifft. Wenn Sie sich also mit der Kollegin um einen Bleistift auf dem Schreibtisch streiten, danach ums Lineal und dann noch ums Radiergummi, dann geht es dabei nicht um die Schreibutensilien, sondern es steckt anderes dahinter. In der Mediation geht es darum, das Kernproblem zu finden. Oft ist die Frage: Wer darf der Leithammel sein?