Chemnitz:Demonstrationen von Corona-Kritikern trotz Verboten

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Polizisten sperren den Neumarkt. (Foto: Sebastian Willnow/dpa-Zentralbild/dpa)

Mehrere hundert Menschen haben in Sachsen am Samstag erneut gegen Corona-Schutzmaßnahmen demonstriert. Nicht alle der Kundgebungen waren erlaubt. Trotz eines...

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Chemnitz/Dresden/Scharzenberg (dpa/sn) - Mehrere hundert Menschen haben in Sachsen am Samstag erneut gegen Corona-Schutzmaßnahmen demonstriert. Nicht alle der Kundgebungen waren erlaubt. Trotz eines Verbots kam es in der Chemnitzer Innenstadt zu Ansammlungen, wobei in einem Fall mutmaßliche Rechtsextremisten auch Polizisten attackierten. Nach Angaben der Polizei wurden eine Flasche und ein Beutel gegen Beamte geschleudert. Den Flaschenwerfer habe man auch identifizieren können, sagte eine Polizeisprecherin.

Insgesamt zählte die Polizei laut einer Mitteilung am Abend fünf Straf- und 40 Ordnungswidrigkeitsanzeigen in Chemnitz. Gegen den 29-Jährigen, der die Flasche geworfen haben soll, wird wegen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte ermittelt, außerdem wegen Bedrohung und Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, nachdem er einen Hitlergruß zeigte. Ein 22-Jähriger soll zudem einen Polizisten gestoßen haben.

Bis zu 200 Menschen versammelten sich in der Spitze trotz eines Verbots auf dem Neumarkt, von denen eine Gruppe von 25 Menschen „lenkend agiert“ habe. Laut Augenzeugen hielt die Polizei eine Gruppe von etwa 20 bis 30 Leuten in Schach und nahm die Personalien auf. Bei der Aufnahme ihrer Personalien kam es zu den Angriffen auf die Beamten. 20 Menschen seien in Unterbindungsgewahrsam genommen worden.

Eine Kundgebung von Kritikern der Corona-Maßnahmen war am Samstag ebenso wie eine Gegendemonstration von der Stadt Chemnitz wegen der hohen Infektionszahlen verboten worden. Das Robert Koch-Institut in Berlin wies für Chemnitz am Samstag eine Sieben-Tage-Inzidenz von 238,3 aus. Damit gehört die Stadt zu den fünf Regionen in Sachsen, bei denen die Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen einer Woche derzeit bei über 200 liegt. Spitzenreiter ist schon seit Tagen das Vogtland - am Samstag mit einer Inzidenz von 406,2.

Die Anmelder des Bündnisses „Chemnitz steht auf“, die gegen die aus ihrer Sicht überzogenen Maßnahmen und gegen die Einschränkung von Freiheitsrechten demonstrieren wollten, waren nach dem Verbot durch die Stadt später mit Eilanträgen sowohl am Verwaltungsgericht Chemnitz als auch am Oberverwaltungsgericht Bautzen gescheitert. Die sächsische Polizei hatte sich unabhängig vom Ausgang der juristischen Auseinandersetzung auf einen Einsatz vorbereitet. Sie wurde dabei auch von Kollegen aus Thüringen, Baden-Württemberg und der Bundespolizei unterstützt.

In Schwarzenberg (Erzgebirge) hatten die Behörden gleichfalls eine Kundgebung in Regie der rechtsgerichteten Partei Freie Sachsen untersagt. In sozialen Medien wurden potenzielle Teilnehmer aufgerufen, die am Samstag in Zwickau angemeldeten Demonstrationen zu besuchen. Nach Angaben eines Polizeisprechers fanden dort drei Aktionen statt. Am Nachmittag versammelten sich alle Teilnehmer auf dem Platz der Völkerfreundschaft. Die Polizei bezifferte die Menge auf etwa 250 Personen und sprach von einem friedlichen Verlauf. In Schneeberg (Erzgebirgskreis) sprach die Polizei am Samstagabend auf Twitter von etwa 100 Menschen „in polizeilichen Maßnahmen“, nachdem sie sich zuvor angesammelt hätten.

In Dresden kamen am Samstagnachmittag laut Polizei bis zu 650 Menschen auf dem Neumarkt zusammen und liefen dann durch die Innenstadt. Die Aktion war nicht angemeldet, es habe zuvor aber „diffuse Aufrufe“ in den sozialen Medien gegeben, die nicht verifizierbar gewesen seien, teilte die Polizei am Samstagabend mit. Aufgrund der Teilnehmerzahl seien mehr als 400 Beamte der Bereitschaftspolizei und der Bundespolizei, die in Chemnitz im Einsatz waren, zur Unterstützung angefordert worden.

„Als die Einsatzbeamten am Georgplatz gegen 16.20 Uhr auf die Personengruppe trafen, flüchteten die Protestierenden umgehend in verschiedenste Richtungen“, teilte die Polizei weiter mit. Gegen zwei Männer im Alter von 30 und 37, die als Wortführer festgestellt worden seien, wird demnach gegen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz ermittelt. Drei weiteren Menschen müssen sich wegen des Verstoßes gegen die Corona-Schutz-Verordnung verantworten.

Bereits am Freitagabend hatten sich in Mittweida nach Polizeiangaben etwa 200 Menschen zum Protest versammelt. Erst nach Aufforderung durch Ordner hätten sie Abstands- und Hygieneregeln befolgt. Weitere Kundgebungen zu den Lockdown-Maßnahmen gab es auch in Hohndorf mit 90 Beteiligten und in Lugau mit 120 Teilnehmer (Erzgebirgskreis). In beiden Orten hätten sie sich an Hygienebestimmungen gehalten, hieß es.

© dpa-infocom, dpa:210327-99-995069/4

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