Pädiatrie:Partout ein Tattoo

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Tattoos sind heute nicht mehr suspekt, aber nicht jeder Arbeitgeber mag sie. Das sollten Eltern und Kinder bedenken. (Foto: Timmzie / photocase.de)

Was ist davon zu halten, wenn das pubertierende Kind auf einer Tätowierung besteht? US-Ärzte haben zusammengetragen, was den Teenies droht.

Von Berit Uhlmann

Die jüngsten Tätowierten, die die medizinische Fachliteratur kennt, sind acht Jahre alt. Spätestens mit 13 Jahren steigt das Interesse an den Körperbildern aber rapide an. Einer US-Studie zufolge lassen sich zehn Prozent aller Highschool-Studenten ein Tattoo stechen. Weitere 55 Prozent geben an, dass sie gerne eines hätten. Man kann sich gut vorstellen, wie es in den Familien zugeht, wenn die pubertierenden Kinder irgendeinem Jungstar durch eine Tätowierung die Treue schwören wollen oder glauben, es auch im Alter noch schön zu finden, wenn auf dem Schulterblatt ein Einhorn balanciert. Pubertierende und Tattoos - ist das eine gute Idee? US-Mediziner haben nun in der Fachzeitschrift Pediatrics ihre Einschätzung vorgelegt.

Insgesamt zeichnen die Erkenntnisse, die die Forscher zusammengetragen haben, kein dramatisches Bild. Tätowierungen sind mittlerweile weit verbreitet, in den USA beispielsweise trägt jeder Dritte mindestens ein Tattoo. Befragungen legen nahe, dass fast 90 Prozent von ihnen die Stiche später nicht bereuen. 30 Prozent finden sich in ihrer verzierten Haut sexuell attraktiver, jedem Fünften verleiht sie ein Gefühl von Stärke. Seltsam wirkt dagegen, dass neun Prozent angaben, sich durch das Tattoo "gesünder" zu fühlen.

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Dazu passt eine Studie italienischer Forscher, nach der die meisten jungen Menschen keine Ahnung von den potenziellen Gesundheitsrisiken aus dem Tattoostudio haben. Am häufigsten kommen Infektionen vor, die auf mangelnde Hygiene der Nadeln beim Stechen zurückgehen. Auch Entzündungsreaktionen werden bei sensibler Haut immer wieder beobachtet. Sie können selbst bei Henna-Tattoos auftreten, warnen die Forscher. Insgesamt aber gehen die Wissenschaftler davon aus, dass schwere Komplikationen eher selten sind. Über potenzielle gesundheitliche Langzeitfolgen ist weniger bekannt.

Etwas mehr Sorgen bereiten den Medizinern die sozialen Nachwirkungen der jugendlichen Vorlieben. Zwar hat sich die öffentliche Meinung längst gewandelt. In Zeiten, da selbst First Ladies und Stars der Volksmusikszene Tattoos tragen, werden sie kaum mehr als Zeichen eines dubiosen Lebenswandels gedeutet. Dennoch geben die Ärzte zu bedenken, dass nicht jeder Arbeitgeber begeistert ist, wenn ein Totenkopf aus dem Halsausschnitt des Bewerbers grinst. Sie zitieren einen Personalchef, wonach Tätowierungen auf Platz drei der Karrierekiller stehen, nur Piercings und Mundgeruch seien schlimmer.

Die Hauptautorin der Leitlinie, Cora Breuner, sagt: "Wenn ich Jugendliche berate, bitte ich sie, ein wenig zu recherchieren und gründlich darüber nachzudenken, warum und an welcher Körperstelle sie ein Tattoo wollen." Lassen sich Teenager nicht zum Nachdenken animieren, ist die Chance groß, dass sie später zu denen gehören, die einen weiteren Trend befeuern: Das Entfernen verunglückter Tätowierungen nimmt ebenfalls zu. Allerdings ist die Prozedur teuer und gelingt in vielen Fällen nicht komplett.

© SZ vom 20.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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