Politikversagen in der Schuldenkrise:Der Tölpel Barroso

Lesezeit: 4 min

In Europa gibt es einen Kommissionspräsidenten, José Manuel Barroso, der die unglaubliche Tölpelei begeht, Differenzen in der EU über die Schuldenkrise per Brief öffentlich zu machen. Italien, dessen Schuldendienst bei den gegenwärtigen Zinsen untragbar ist, wird von einem Operettenfürsten regiert. Angela Merkel muss sich durchwursteln zwischen den Notwendigkeiten der Euro-Rettung, einer zunehmend unwilligen Öffentlichkeit und den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts.

Und, nicht zu vergessen, Christine Lagarde: Die neue Direktorin des Internationalen Währungsfonds ist eigentlich eine Hoffnungsträgerin, doch nun hat sie es mit einem Ermittlungsverfahren wegen Amtsmissbrauchs in Frankreich zu tun. Niemand weiß, wie das ausgeht. In der eigentlichen Lehman-Krise 2008 konnte man wenigstens sagen, wer in der Verantwortung steht: der amerikanische Finanzminister und der Chef der Notenbank Federal Reserve. Heute gibt es niemand Vergleichbares.

Die allgemeine Unsicherheit lässt sich an vielen Daten ablesen. Der Goldpreis nähert sich allmählich der Marke von 1700 Dollar, Anleger flüchten in tatsächlich oder vermeintlich sichere Häfen: US-Anleihen, deutsche Bundesanleihen, Schweizer Franken und, überraschend, Papiere des hoch verschuldeten Japan. Die Notenbanken in Zürich und Tokio mussten sich schon mit Markteingriffen der ungebetenen Geldflut erwehren.

Aber letztlich geht es ja nicht um das Wohl und Wehe der Finanzmärkte. Die Börsen sind nur Indikatoren, nur Überbringer guter oder schlechter Nachrichten. Wenn sie in Panik geraten, bedeutet dies in erster Linie, dass Vertrauen zerstört wurde. Ohne Vertrauen gibt es keinen Kredit und ohne Kredit keine Lösung der Probleme der Welt.

Am dringlichsten ist, dass die Schuldenkrise in Europa endgültig eingedämmt wird. Griechenland und Italien sind die größten Gefahrenherde für die Weltwirtschaft. Die europäischen Politiker haben viel zu lange auf Zeit gespielt und das Ausmaß der Krise vor den eigenen Völkern kleingeredet. Das geht nicht mehr lange gut. Immer wenn jemand in Europa über die Spekulanten oder böse Ratingagenturen schimpft, weiß der Rest der Finanzwelt, dass man auf dem Kontinent den Ernst der Lage nicht begriffen hat. Vor allem Angela Merkel muss sich vor den Deutschen ehrlich verhalten: Ja, die Rettung der überschuldeten Euro-Partner wird viel Geld kosten. Aber die Investition lohnt sich.

Amerikas Aufgabe ist lösbar

So akut sind die Probleme der USA nicht, auch wenn Desperados in der Republikanischen Partei diesen Eindruck erwecken. Washington hat keinerlei Probleme, sein Defizit zu finanzieren. Wichtig ist es, dass das Land jetzt eine Sanierungsstrategie entwickelt, die spätestens Ende des Jahrzehnts greift. Harte Einsparungen und unpopuläre Steuererhöhungen sind dann unvermeidbar. Die Aufgabe ist lösbar, die Frage ist, ob das derzeitige System in Washington die Lösung zulässt. Sollte der Krieg um die Erhöhung der Schuldengrenze ein Vorbote der neuen Normalität Amerikas sein, dann wird die Zukunft wirklich düster.

Intellektuelle und Schöngeister kommen in solchen Situationen leicht zu dem Schluss, dass die Wirklichkeit für die Politik einfach zu komplex geworden ist. Besser wäre es zu sagen: Die Zukunft der Welt hängt davon ab, dass die Politik lernt, diese Komplexität zu beherrschen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema