"Fifa 19" im Test:Das können die neuen Bolzplatz-Modi in Fifa

"Fifa 19" enthält erstmals die Champions League und bietet noch mehr Möglichkeiten für Taktik-Füchse. Für Gelegenheitsspieler sind die Hausregeln interessant - Sport- und Digitalressort haben sie ausprobiert.

Von Caspar von Au, Felix Haselsteiner, Martin Schneider, Sebastian Fischer und Jannis Brühl

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Fifa 19 im Test

Fifa 19 Screenshot

Quelle: EA Sports / Screenshot / Caspar von Au

Zumindest für seine Verhältnisse läuft es für Cristiano Ronaldo im echten Leben derzeit miserabel. In sieben Pflichtspielen für seinen neuen Verein Juventus Turin hat er diese Saison gerade einmal drei Tore erzielt, die nächste Partie in der Champions League verpasst er wegen einer roten Karte. Zur Wahl des Weltfußballers in London reiste er gar nicht erst an.

Mehr Freude dürfte Ronaldo der Blick auf sein virtuelles Ich machen. In "Fifa 19" hat er den Zenit seiner Karriere noch nicht überschritten. Wie im Vorjahr legt die Fußballsimulation seine Stärke auf 94 Punkte fest, wie im Vorjahr ist er der Coverboy des Spiels.

Doch wie hat sich Fifa 19 im Vergleich zum Vorjahres-Spiel verändert? Das ist die zentrale Frage, die Fifa-Fans Jahr für Jahr beschäftigt. Hat Entwickler Electronic Arts (EA) nur die Kader aktualisiert und an einigen Stellen das Spiel minimal verändert - oder gibt es substanziell neue Inhalte?

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Champions League, taktische Vielfalt, Hausregeln

Fifa 29 Game Stadion

Quelle: Electronic Arts

Optisch hat sich nicht viel getan. Möglicherweise sehen Ronaldos Sprints noch ein My realistischer aus. Einige Animationen sind hinzugekommen, zum Beispiel wenn der Schiedsrichter einem Spieler die gelbe Karte zeigt. EA bewirbt noch engere Ballannahmen, präzises Timing bei Torabschlüssen und das Erobern von freien Bällen. Diese Funktionen sind vor allem für geübte Spieler interessant. Für Alltagsspieler fühlt sich Fifa 19 etwas langsamer an als der Vorgänger, gleichzeitig realistischer. Erstmals offiziell im Spiel als Turnier enthalten sind Champions League und Europa League.

Für Millionen Couch-Spieler hat EA in Fifa 19 den sogenannten Anstoß-Modus überholt und verbessert. Teilweise mit Kleinigkeiten, zum Beispiel können Spieler sich Namen geben und so den Ausgang diverser Duelle in einer Statistik festhalten. Am spannendsten sind aber die "Hausregeln", die Fifa-Partien neue Dimensionen verleihen. Je nach Modus zählen mal Distanzschüsse doppelt, mal gibt es weder Fouls noch Abseits. Wir haben in der SZ-Redaktion jeden der fünf neuen Modi ausführlich getestet. Wie wir sie finden, lesen Sie auf den folgenden Seiten.

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Nur Kopfball- und Volleytore zählen

Fifa 19 Screenshot

Quelle: EA Sports / Screenshot / Caspar von Au

Modus: Kopfball und Volley

Spiel: FC Bayern - Paris Saint Germain, 1:2

Wer früher ab und zu gebolzt hat, kennt die Regel in der einen oder anderen Abwandlung: Nur Kopfballtore und Direktabnahmen aus der Luft zählen. In Fifa 19 scheitern Laien oft am schlauen Stellungsspiel der computergesteuerten Verteidiger (sie lassen sich auch dümmer einstellen). Entfalten soll sich ein ansehnliches Spiel mit vielen Flanken, Kopfbällen und Rückfallziehern. Tatsächlich gewinnt aber der, der es schafft, sich mit dem Stürmer frei vorm Tor den Ball selber volley vorzulegen und in den Winkel zu knallen. Das erfordert einiges an Finger-Akrobatik. Und noch eher gewinnt derjenige, der mit Edinson Cavani im Strafraum darauf lauert, dass Manuel Neuers Abwehr verunglückt und der Ball im hohen Bogen genau auf den Stürmer zufliegt.

Meinung von Mitspieler Felix Haselsteiner, Sport-Ressort:

Ein skandalträchtiger Modus, eine groteske Frechheit, kurz: Schiebung! Dass das Fazit zu diesem Modus überaus negativ ausfällt, könnte an dem 1:2 durch einen Kopfball nach einer konfusen Strafraumsituation liegen, durch das der hier schreibende Testspieler eine ungerechtfertigte Niederlage kassierte. Es könnte aber auch ganz sachliche Gründe haben: Nüchtern betrachtet lädt der Modus zu mehr Flanken und mehr Risiko bei Direktschüssen ein. Die sind allerdings auch in Fifa 19 so schwer, dass hier eher wenige Torerfolge (ergo: weniger Spielfreude) zu erwarten sind. Pro-Tipp: Für maximalen Erfolg unbedingt die richtige Mannschaft auswählen und auf schnelle Flügelspieler und große Stürmer setzen.

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Wer zuerst X Tore schießt, gewinnt

Fifa 19 Screenshot

Quelle: EA Sports / Screenshot / Caspar von Au

Modus: First to

Spiel: Hamburger Sportverein - 1. FC Köln, 3:1 nach 22 Minuten und 32 Sekunden Spielzeit mit einfachen KI-Mitspielern und 0:2 nach 90 Minuten mit schweren KI-Mitspielern

Auf den Bolzplätzen und Kickertischen hat sich die Regel durchgesetzt, dass man keine 90 Minuten durchspielt. Sondern so lange, bis eine Mannschaft zum Beispiel zehn Tore hat. Nach demselben Prinzip funktioniert auch diese Hausregel. Allerdings können Spieler nur ein bis drei Tore als Limit festlegen. Außerdem greift trotzdem das Zeitlimit von 90 Minuten (oder 120 Minuten nach Verlängerung). Wie schnell die Tore fallen, lässt sich am ehesten über die Schwierigkeit der computergesteuerten Mitspieler regeln.

Meinung von Mitspieler Sebastian Fischer, Sport-Ressort:

"Jetzt müssen wir schauen, ob die beiden Mannschaften die richtige Balance zwischen Defensive und Offensive finden", sagt die Stimme von Frank Buschmann, um den Fifa-Spieler im "Drei-Tore-Modus" zu begrüßen. So umstritten die Sätze des Kommentators oft sind, dieser ist korrekt. Der Modus wirkt wie eine nette Erfindung für Defensiv-Fetischisten, die sich aus Furcht vor dem Knockout durch das dritte (oder erste oder zweite, je nach Einstellung) Gegentor mit großer Leidenschaft vor dem eigenen Tor verschanzen. Sonst kann ein Spiel hier auch schon mal in der ersten Halbzeit zu Ende sein. Schade ist, dass das andere Extrem nicht möglich ist: Die Partie endet nämlich trotzdem nach 90 Minuten, auch wenn es erst 2:0 steht.

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Wer ein Tor schießt, verliert einen Spieler

Fifa 19 Screenshot

Quelle: EA Sports / Screenshot / Caspar von Au

Modus: Survival

Spiel: 1. FC Nürnberg - Greuther Fürth, 7:4 nach Verlängerung

Wer ein Tor schießt, verliert im direkten Anschluss einen zufälligen Feldspieler. Der sogenannte Survival-Modus ist der spaßigste Modus der neuen Hausregeln. Gleichzeitig stellt er Ausgeglichenheit auf dem Spielfeld her - so die Theorie. Allerdings funktioniert der Modus nur, wenn auch Tore fallen. Es empfiehlt sich, die Spielintelligenz der computergesteuerten Mitspieler etwas herunterzuschrauben. Dann entwickelt sich bisweilen ein richtiges Torfestival. Allerdings ist nach vier Platzverweisen (plus zwei möglichen roten Karten durch Fouls) Schluss. Im Gegensatz zu den echten Fußballregeln wird das Spiel aber nicht abgebrochen. Nachdem das Limit erreicht ist, kann der Spieler Tore schießen, ohne einen weiteren Mann oder eine Frau zu verlieren. Das ist nicht wirklich konsequent. Und dass sich beim Spielstand von 10:10 nur noch die Torhüter zum ultimativen Duell auf dem Rasen gegenüber stehen, muss eine Fantasie bleiben.

Meinung von Mitspieler Martin Schneider, Sport-Ressort:

Irgendwann dann, wenn es 4:4 steht und statt 22 Spielern nur noch 14 auf dem Platz stehen, dann sieht man relativ viel Wiese und relativ wenig Mannschaft. Aber die künstliche Intelligenz des Computers ist dankenswerterweise so gut, dass auch sieben Spieler sich noch koordiniert zueinander bewegen und kein taktisches Chaos ausbricht. Gladiatoren-Spiel - so nannte der Ex-Bayern-Trainer Louis van Gaal einen solchen Modus, mit dem er mal das Elfmeterschießen ersetzen wollte. Und dieses Gladiatoren-Spiel ist eine schöne Sache, damit unterschiedlich starke Spieler gegeneinander spielen können, weil jedes eigene Tor die eigene Mannschaft schwächt. Man könnte es auch noch weiterdenken: In Fifa 20 bekommt dann bei jedem eigenen Tor der Gegner einen Spieler mehr damit man statt acht gegen acht auch mal ein seriöses 14 gegen 14 spielen kann.

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Distanzschüsse zählen doppelt

Fifa 19 Screenshot

Quelle: EA Sports / Screenshot / Caspar von Au

Modus: Distanzschüsse

Spiel: Juventus Turin - Inter Mailand, 1:4 nach Verlängerung

Inters Mauro Icardi zieht von der Strafraumgrenze ab, unhaltbar fliegt der Ball an die Unterkante der Latte und von dort ins Tor. Ein schöner Treffer! Trotzdem flucht Icardis Couch-Coach vor der Konsole. Icardi stand bei seinem Abschluss mit einem Fuß bereits im Strafraum, das Tor zählt "nur" einfach. Hätte er außerhalb gestanden, hätte es gleich zwei Zähler gegeben. Ein solches Distanzschuss-Tor gelingt dann immerhin in der Verlängerung. Der Spielstand springt in der 115. Minute von 1:2 auf 1:4, gleichbedeutend mit dem Todesstoß für die Turiner. Trotzdem hätte EA auch die Regeln für diesen Modus noch entschiedener festlegen können: Drei Zähler für ein Tor ab 40 Meter Distanz, vier aus der eigenen Hälfte, fünf für Torwarttore. Warum nicht in der nächsten Version?

Meinung von Mitspieler Jannis Brühl, Digital-Ressort:

Schöne Kombinationen in den Strafraum hinein werden nebensächlich, stattdessen versucht der Spieler Ronaldo, Dzybala oder Khedira ständig aus 20 bis 25 Metern schießen zu lassen. Der Modus verleitet zu einer Art Gewaltschuss-Inflation. Nach vielen wertlosen Bolzern fällt Juves einziges Tor dann auch aus dem Strafraum heraus - und zählt dementsprechend nur einfach. Als Inter Mailand in der Verlängerung doppelt trifft, beruhigt man sich kurz mit dem Gedanken: "Naja, ein Tor aus der zweiten Reihe, und es steht 3:2" - bis man realisiert, dass Stürmer Icardi noch gerade so vor dem Strafraum abgezogen hat und es sein Tor ist, das doppelt zählt. Nach einem weiteren Gegentor steht es dann sehr schnell 1:4, keine Chance mehr. In der Endphase träumt man von zwei Distanztoren zum 5:4, ein bisschen Basketball-Feeling kommt auf, während die Sekunden runterrattern. Volle Konzentration darauf, außerhalb des Strafraums in eine gute Schussposition zu kommen. Das versandet aber in krampfhaftem Gehampel kurz nach der Mittellinie. In diesem Modus kann ein knappes Spiel schnell zur Demütigung werden.

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Keine Regeln

Fifa 19 Screenshot

Quelle: EA Sports / Screenshot / Caspar von Au

Modus: No Rules

Spiel: FC Liverpool - FC Chelsea, 6:3 nach Verlängerung

Der Modus ist nicht ganz wörtlich zu verstehen. Zwar werden weder Fouls, Handspiel oder Abseits gepfiffen. Aber den Ball vom Spielfeld aufzunehmen und ins gegnerische Tor zu tragen, ist trotzdem nicht möglich. EA hält auch an der Regel fest, dass jede Mannschaft nur drei Mal pro Partie wechseln darf. Hier hätten sich die Entwickler mal wieder noch mehr trauen dürfen. In der Praxis stellt sich heraus: Am fatalsten ist die Aufhebung der Abseitsregel. Immerhin sechs der neun Tore zwischen Liverpool und Chelsea zählen, obwohl der Torschütze meilenweit jenseits des vorletzten verteidigenden Spielers stand. Es macht zwar Spaß, Gegenspieler umzugrätschen, obwohl kein Ball in der Nähe ist. Oft wird die Aktion aber mit einem Gegentor bestraft, weil der entscheidende Verteidiger noch auf dem Rasen rumliegt. Frei nach der alten Kreisliga-Weisheit: Wer grätscht, verliert.

Meinung von Mitspieler Felix Haselsteiner, Sport-Ressort:

Unter Fifa-Experten wird einem gerne geraten, möglichst auf Grätschen zu verzichten, aber jetzt mal ehrlich: Fouls sind ein essentieller Teil des Spiels. So verwerflich es sein mag: Im No-Rules-Modus macht es dementsprechend viel Spaß, straffrei Gegenspieler zu attackieren. Aus taktisch-analytischer Sicht bleibt festzuhalten, dass die Abschaffung der Abseits-Regel torlose Spiele nahezu unmöglich macht. Eine gute Nachricht. Konsequent gedacht könnte man im No-Rules-Modus auch noch darüber nachdenken, Handspiele zu legalisieren, dann würden vielleicht auch Rugby-Fans plötzlich Fifa spielen.

© SZ.de/jab/sks
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