München:Musikhochschule gegen sexuelle Gewalt: Akt der Befreiung

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München (dpa/lby) - Nach dem Skandal um sexuelle Übergriffe an der Hochschule für Musik und Theater in München sieht ein Gutachten noch Verbesserungsbedarf. Die Hochschule sei schon auf einem guten Weg. Aber sie müsse deutlich machen, dass das Aufdecken von Sexualdelikten und sexuellen Belästigungen kein Verrat sei, sondern "ein Akt der Befreiung", sagte die Leiterin der Expertenkommission, Hildegund Holzheid, am Freitag in München. Das Gremium unter Vorsitz der früheren Präsidentin des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes hatte seit Herbst 2018 auf Wunsch der Hochschule Abläufe und Strukturen untersucht.

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München (dpa/lby) - Nach dem Skandal um sexuelle Übergriffe an der Hochschule für Musik und Theater in München sieht ein Gutachten noch Verbesserungsbedarf. Die Hochschule sei schon auf einem guten Weg. Aber sie müsse deutlich machen, dass das Aufdecken von Sexualdelikten und sexuellen Belästigungen kein Verrat sei, sondern „ein Akt der Befreiung“, sagte die Leiterin der Expertenkommission, Hildegund Holzheid, am Freitag in München. Das Gremium unter Vorsitz der früheren Präsidentin des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes hatte seit Herbst 2018 auf Wunsch der Hochschule Abläufe und Strukturen untersucht.

Holzheid beschrieb die Stimmung an dem Haus als „nicht angstbesetzt“. Dennoch herrsche eine gewisse Zerrissenheit, etwa weil einige zu dem alten Präsidenten hielten. Alte Loyalitäten dürften dem Opferschutz aber nicht entgegenstehen. Sie forderte deshalb eine unabhängige und zur Verschwiegenheit verpflichtete Stelle, an die sich Betroffene wenden können, wenn sie einen Vorfall melden wollen. Auch anonymen Hinweisen müsse nachgegangen werden. Zudem soll es mehr weibliche Professoren geben. Derzeit liege ihr Anteil bei gerade 25 Prozent. Die Kommission regte auch an, eine professionelle Umfrage an der Hochschule abzuhalten.

„Ein Ort des Lernens muss ein Ort des Vertrauens sein. Niemand soll sich vor Übergriffen oder Machtmissbrauch fürchten müssen“, erklärte Kunstminister Bernd Sibler (CSU). Bei Fällen etwa von sexueller Belästigung müsse „Null Toleranz“ gelten. Was auf gar keinen Fall gelten dürfe: „Das gehört halt so mit dazu, bei Kunst und Kultur.“ Natürlich sei ein gewisser Körperkontakt etwa im Ballettunterricht oder bei der Gesangsausbildung nötig. Aber es müssten Regeln gelten.

Die Kommission verlangte deshalb eine verbindliche Richtlinie zum Körperkontakt, ebenso wie eine besser personelle Ausstattung des Amtes der Gleichstellungsbeauftragten. Auch bauliche Veränderungen regte Holzheid im Zuge der notwendigen Sanierung des Hochschulbaus an: So könnten Fensterscheiben in den Türen helfen, Übergriffe im Einzelunterricht zu verhindern. Auch unangemeldete Besuche des Präsidenten seien sinnvoll.

Hochschulpräsident Bernd Redmann kündigte an, die Ergebnisse des Gutachtens in den kommenden Wochen eingehend zu prüfen. Man wolle eine Vorreiterrolle beim Schutz vor sexuellen Belästigungen und Gewalt einnehmen. Um die vielen Aufgaben zu bewältigen, sei aber eine nachhaltige Mittelausstattung nötig. Besonderes Augenmerk will die Schule auf die Ballettakademie legen. Herabwürdigendes Verhalten von Schülern, unangemessene Kommunikation oder Bestrafungen würden nicht geduldet. Die Hochschule sei sich der besonderen Verantwortung für die jungen und oft noch minderjährigen Tanztalente bewusst. Härte und Disziplin seien nicht mehr alles, stattdessen stünden auch die physische und psychische Gesundheit der Tänzer im Blick.

Einiges hat die Hochschule bereits auf den Weg gebracht. So dürfen Dozenten keine Schüler mehr bei sich zuhause unterrichten. Außerdem gebe es immer mehr Modelle, bei denen Studierende in der Gruppe unterrichtet würden.

Im Frühjahr 2016 war der ehemalige Präsident der Hochschule, Siegfried Mauser, angeklagt worden, unter anderem wegen sexueller Nötigung. Das Verfahren endete rechtskräftig in zweiter Instanz mit einer Bewährungsstrafe. Vor gut einem Jahr wurde er in einem anderen Fall verurteilt, ebenfalls wegen sexueller Nötigung. Die Entscheidung: Zwei Jahre und neun Monaten Haft. Nach der Revision muss nun der Bundesgerichtshof entscheiden.

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