München:Lehrerverband will Ausgaben für Ganztag in Bayern verdoppeln

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München (dpa/lby) - Wohin am Nachmittag mit meinem Kind? Die Frage sollen sich Eltern ab 2025 nicht mehr stellen müssen. Bis dahin soll es - zumindest in den Grundschulen - einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung geben. Wer keinen Platz bekommt, könnte vor Gericht ziehen. Die Idee hatte die große Koalition in Berlin, Länder und Kommunen müssen jetzt liefern.

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München (dpa/lby) - Wohin am Nachmittag mit meinem Kind? Die Frage sollen sich Eltern ab 2025 nicht mehr stellen müssen. Bis dahin soll es - zumindest in den Grundschulen - einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung geben. Wer keinen Platz bekommt, könnte vor Gericht ziehen. Die Idee hatte die große Koalition in Berlin, Länder und Kommunen müssen jetzt liefern.

In Bayern ist das Angebot für Eltern kaum zu überblicken: Da gibt es den sogenannten gebundenen Ganztag, in dem Unterricht, Übungszeiten sowie Sport-, Musik- und Kunstangebote zusammengedacht werden - in einem Stundenplan von 8 bis 16 Uhr. Im sogenannten offenen Ganztag dagegen findet morgens der Unterricht statt, am Nachmittag Hausaufgaben und Freizeit. Beides sind schulische Angebote. Andernorts bieten kommunale, kirchliche oder private Träger eine einfache Mittagsbetreuung an - entweder in der Schule oder beispielsweise in einem Hort.

Das Kultusministerium rechnet alles zusammen. Demnach seien gut die Hälfte der Grundschüler ganztägig betreut. Der Bayerische Lehrerinnen- und Lehrerverband (BLLV) hält dagegen: Betrachte man nur die schulischen Angebote - also den offenen und gebundenen Ganztag - reduziere sich die Quote auf etwa 24 Prozent. Damit liegt Bayern deutlich hinter dem Bundesdurchschnitt. Insgesamt - so schätzt es das Deutsche Jugendinstitut - liegt der Bedarf der Eltern sogar bei über 70 Prozent. Um also jedem Kind einen Platz zu garantieren, müsste das Angebot massiv ausgebaut werden - und das in nur sechs Jahren.

Der Bayerische Lehrerinnen- und Lehrerverband (BLLV) warnt davor, an jeder Ecke zu sparen. Die einfache Mittagsbetreuung werde dem Bildungsanspruch im reichsten Bundesland nicht gerecht, sagte BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann der Deutschen Presse-Agentur in München. Sie kritisiert die Pläne der Staatsregierung um Ministerpräsident Markus Söder. „Es bringt gar nichts, viel Geld in billiges Personal zu stecken, um die Kinder bis 16 Uhr irgendwie aufzubewahren.“ Dann sei zwar die Garantie gegenüber den Eltern erfüllt, Qualität aber sehe anders aus. Der Lehrerverband fordert deshalb, vollständig auf den gebundenen Ganztag zu setzen. „Bayern muss hier Vorzeigeland werden“, betonte Fleischmann. Unterstützung kommt vom Bayerischen Elternverband.

Der Freistaat setzt seit gut zehn Jahren überwiegend auf die offene Variante. Nur sieben Prozent der Schüler werden im gebundenen Ganztag unterrichtet. Der BLLV befürwortet eine Quote von 43 Prozent. Dafür müsste Bayern die Ausgaben für die Ganztagsbetreuung mehr als verdoppeln. Der Verband rechnet mit zusätzlich 380 Millionen Euro nur für Personalkosten und will damit 3000 neue Lehrer einstellen. Das Problem: Schon jetzt fehlt das Personal an den Grundschulen.

Noch höhere Ausgaben kämen auf die Kommunen zu, die die Schulgebäude vor Ort umbauen und erweitern müssten. Uwe Brandl, Präsident des Bayerischen Gemeindetags, betont, dass es dafür gar keine Ressourcen gebe. Er glaubt nicht daran, dass die Ganztagsgarantie bis 2025 realisierbar ist. So schnell könne man die nötige Infrastruktur gar nicht schaffen. „Da wurden Erwartungen erzeugt, die man nicht erfüllen kann“, sagte Brandl in Richtung der großen Koalition.

Neben den Kommunen und dem Bayerischen Realschullehrerverband lehnt auch der Kultusminister die Forderungen des BLLV nach gebundenem Ganztag ab: „Wenn man das weiterdenkt, müsste das schulische Angebot ja bis in die Nacht hineinreichen“, sagte Michael Piazolo der Deutschen Presse-Agentur. „Eine staatlich verordnete Vereinheitlichung halte ich für den falschen Weg.“ Ihm sei das ein zu „autoritärer“ Ansatz, der den verschiedenen Bedürfnissen der Familien nicht gerecht werde.

Es brauche „flexible und passgenaue Lösungen“. Das würden sich auch die Eltern wünschen. Eine Ganztagsgarantie bedeute nicht, dass es nur schulische Angebote gibt. Damit skizzierte er einen Weg, der praktischerweise auch den Etat seines Ministeriums entlasten würde. Was das ganze Projekt „Ganztag“ den Freistaat kosten wird, lässt der Minister offen.

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