Düsseldorf:Experten fordern Reform des Islam-Unterrichts in NRW

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Düsseldorf (dpa/lnw) - In der Debatte um eine Neuordnung des Islamischen Religionsunterrichts (IRU) an Schulen in NRW haben Islamlehrer weitgehende Reformen verlangt. Bei Erteilung der Lehrerlaubnis für die islamischen Religionslehrer und bei der Genehmigung von Lehrbüchern habe es Fehler und Missstände geben, die korrigiert werden müssten, betonte der Verband der Islamlehrer/innen (VdI) in einer Stellungnahme für eine Anhörung am Dienstag im Landtag. Es seien zahlreiche Beschwerden von Lehrern eingegangen. Dem Unterricht drohe qualitativer Schaden.

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Düsseldorf (dpa/lnw) - In der Debatte um eine Neuordnung des Islamischen Religionsunterrichts (IRU) an Schulen in NRW haben Islamlehrer weitgehende Reformen verlangt. Bei Erteilung der Lehrerlaubnis für die islamischen Religionslehrer und bei der Genehmigung von Lehrbüchern habe es Fehler und Missstände geben, die korrigiert werden müssten, betonte der Verband der Islamlehrer/innen (VdI) in einer Stellungnahme für eine Anhörung am Dienstag im Landtag. Es seien zahlreiche Beschwerden von Lehrern eingegangen. Dem Unterricht drohe qualitativer Schaden.

Das 2012 in NRW eingeführte reguläre Schulfach muss neu gestaltet werden, weil eine Übergangslösung Ende Juli ausläuft. Das Schulministerium hatte klargestellt, dass der bekenntnisorientierte Unterricht fortgesetzt werden soll. Zahlreiche Sachverständige legten nun dem Düsseldorfer Landesparlament ihre Empfehlungen vor. Auch von Religionswissenschaftler Volker Beck (Uni Bochum) und der Akademie für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft kamen Mahnungen und skeptische Äußerungen.

Der Vorsitzende des Islamlehrer-Fachverbands, Musa Bagrac, betonte, besonders bei der Lehrerlaubnis - der sogenannten Idschaza - brauche es ein Umsteuern. Die IRU-Lehrkräfte - in Deutschland ausgebildete Pädagogen - brauchen neben der staatlichen Unterrichtserlaubnis noch eine religiöse Bevollmächtigung. Diese Idschaza wird bisher von einem Beirat erteilt, in dem vier - allesamt konservative - Islamverbände vertreten sind.

Das dürfe so nicht bleiben, sagte Musa Bagrac der Deutschen Presse-Agentur, denn: „Die Idschaza-Vergabe gleicht mehr einem Gesinnungstest als einem religionspädagogischen Gespräch.“ Es könne nicht sein, dass man zu Lebensweisen befragt werde oder eine Idschaza mit dem Hinweis verweigert werde, die Lehrkraft solle ihre Ansicht überdenken, dass eine muslimische Lehrerin einen Nichtmuslim heiraten dürfe. Unhaltbar sei auch, dass man eine Tätigkeit in einer Moscheegemeinde nachweisen solle. Lehramtsstudierende sollten ihre Idschaza künftig zusammen mit ihrem Studienabschluss von den theologischen Zentren an den Universitäten erhalten.

Der Verband will erreichen, dass die Genehmigung von Lehrbüchern für den IRU auf eine breitere Basis gestellt und transparenter gestaltet wird. Auch hier habe der bisherige Beirat nicht unabhängig agiert, meinte Bagrac. IRU sei ein Mangelfach. Islamlehrer würden gesucht, es gebe für das noch neue Fach erst 240 Lehrkräfte. Die einst positive Stimmung unter muslimischen Lehrkräften habe sich ins Gegenteil verkehrt. Islamlehrer müssten bei der Gestaltung des Unterrichts eingebunden werden. Verbände, die sich „herkunftspolitisch oder islamistisch“ betätigten, dürften beim IRU nichts zu sagen haben.

In NRW wird die Zahl der muslimischen Schüler auf rund 415 000 geschätzt, nur gut 20 000 Schüler an 250 Schulen nehmen aktuell am IRU teil. Der Bedarf ist größer und wächst. Bisher hatten der Zentralrat der Muslime (ZMD), der Islamrat, der Verband VIKZ und die umstrittene türkisch-islamische Union Ditib über den Beirat an der Gestaltung des IRU mitgewirkt. Die Ditib musste wegen ihrer großen Nähe zur türkischen Regierung vor gut zwei Jahren ihren Beiratssitz allerdings ruhen lassen.

Religionsexperte Volker Beck warnte, der jüngst vorgelegte Gesetzentwurf von CDU und FDP könne zum „Eigentor“ werden. Es sei zwar richtig, den Kreis der mitwirkenden Islam-Organisationen in der angestrebten Kommission zu erweitern. Das Land solle den Verbänden aber nicht zu weit entgegenzukommen, empfahl er im „Kölner Stadt-Anzeiger“ mit Blick auf einen Streit vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster. Dort klagen ZMD und Islamrat gegen das Land, weil sie als Religionsgemeinschaften anerkannt werden und mehr Einfluss auf die IRU-Gestaltung haben wollen.

Auch die Akademie für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft zeigte sich in der „Rheinischen Post“ skeptisch. Die angedachte Kommission sei keine „wirkliche Lösung“. Zwar wäre das Land damit nicht mehr so an die vier großen Islamverbände gebunden, man dürfe die Kommission aber nicht als Instrument verstehen, „mit dem eine politisch gewünschte Liberalisierung des Islams forciert wird“. Laut CDU-FDP-Entwurf soll „jede islamische Organisation, die die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt“ und einen Vertrag mit dem Land abschließt, künftig eine qualifizierte Person entsenden.

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