Es muss den Skispringern, den Männern wie den Frauen, vorkommen wie ein Flug über einen nicht endenden Hang. Die Vorfreude und auch die Spannung auf den Auftakt der Vierschanzentournee ist unter diesen teils in sich gekehrten, teils extrovertierten, meistens sehr sensiblen Sportlern, immer groß. Umso schwerer ist nun der - kalenderbedingte - lange Anlauf zum Start.
Skispringer leben vom Rhythmus der wöchentlichen Weltcups, nur jetzt ist schon fast eine Woche verstrichen seit dem vergangenen Springen in Engelberg, und der Beginn der 72. Vierschanzentournee Mitte nächster Woche ist noch weit. Dies ist mit Gefahren verbunden für die teils empfindlichen Springer. Man kann sich im Kreise von Familie und Freunden erkälten, träge werden von zu viel Gans oder Braten, oder auch wegen dieser langen Ruhephase die soeben erlangte Topform plötzlich verlieren.
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Anderseits neigen die meisten skispringenden Menschen nicht zu Leichtsinn, dazu ist ihr Sport zu riskant. Sie verstehen es, sich aufs Wesentliche zu fokussieren, und zwar ab kommendem Mittwoch, 27. Dezember, wenn der erste Höhepunkt des Sportwinters mit dem Training in Oberstdorf beginnt, danach die Qualifikation und das Finale an den nächsten beiden Tagen. Weiter geht es dann mit den Stationen in Garmisch-Partenkirchen, Innsbruck und dem Finale in Bischofshofen. So weit, so üblich.
Die erste komplette Frauentournee soll nun zum nächsten Jahreswechsel 2024/2025 starten
Doch die 72. Ausgabe hat auch Neuigkeiten parat, mehr noch, eine Premiere. Erstmals springen auch die Frauen mit, wenn auch noch in reduzierter Form, die aber so schnell wie möglich zu einer kompletten Tournee der Frauen anwachsen soll. Nun starten diese, wenn die Männer in Oberstdorf beginnen, von Garmisch aus in entgegengesetzter Richtung. Sie treffen also am Silvestertag in Oberstdorf ein, wenn die Männer in Garmisch ankommen. Diese etwas seltsame Zwei-Schanzen-Frauen-Tournee war ursprünglich als komplette Vierer-Serie von Bischofshofen aus als Start konzipiert, dann legte aber der österreichische Verband ein Veto ein, dessen Strategen den Termin als zu früh empfinden. Die erste komplette Frauentournee soll, so die Formulierung, "frühestens zum nächsten Jahreswechsel 2024/2025 starten".
Eine weitere Besonderheit der anstehenden Tournee hat nichts mit Planungspolitik zu tun, sondern ausschließlich mit Sport. Schon immer gab es bei diesem Spektakel eine gute Handvoll Sieganwärter, diesmal aber sind darunter ausschließlich Österreicher und Deutsche. Nach den ersten vier Weltcups stehen in der Gesamtwertung Stefan Kraft (1./mit großem Abstand, Österreich), Andreas Wellinger, Pius Paschke, Karl Geiger (2.,3.,4., alle Deutschland) und Jan Hörl (6., Österreich). Wobei, dieses ist Skispringen, da können auch andere plötzlich ihre Form finden - oder auch manche der fünf Besten zu Tournee-Beginn wegen Windpechs unter Druck geraten. Und Druck ist bekanntlich der Feind der Skispringer.