Unter Bayern:Land-Maschine auf Sternfahrt

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Im Schnitt verfügt jeder land- oder forstwirtschaftliche Betrieb in Bayern über mehr als fünf Traktoren. Manchmal kann da auch einer als Dekorationsobjekt herhalten. (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

Der Traktor verstärkt nicht nur die landwirtschaftliche Arbeitskraft, sondern bekräftigt auch jeden Bauernprotest.

Glosse von Matthias Köpf

Jetzt nicht dass es gleich wieder heißt: die Bauern. Denen mag es ja an allem Möglichen mangeln, an gewissen Steuererleichterungen zum Beispiel und gefühlt wohl auch an so etwas wie Respekt und Perspektive. Woran es ihnen aber vermutlich am wenigsten mangelt, ist das, womit sie gerade so agrardieselnd auf sich aufmerksam gemacht haben. Genau 539 961 land- und forstwirtschaftliche Zugmaschinen gab es in Bayern nach den Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamts Anfang 2023.

Obwohl es laut Landwirtschaftsministerium zugleich nur noch gut 100 000 Betriebe gibt, muss das nicht gleich heißen, dass sich jeder bayerische Bauer auf mehr als fünf Traktoren setzen kann, um an der nächsten Sternfahrt teilzunehmen, jeweils mit was Gereimtem oder Gemaltem am Frontlader. Denn so ein Hof ist ja meistens ein Familienbetrieb. Am Traktor sitzt da oft auch noch die vorherige Generation und besonders gern schon die nächste. Außerdem wurde, wenn die Schätzung der Staatsregierung stimmt, zuletzt selbst in der Spitze nur jeder zehnte bayerische Traktor dazu benutzt, das weite Feld der Politik zu beackern.

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Davon abgesehen ist jedenfalls fast jeder dritte Traktor in Deutschland auf Bayerns Fluren unterwegs und also niemals ein "Trecker", sondern eher ein "Buidog" oder "Bullog", in Erinnerung an den Lanz Bulldog HL 12 von 1921, den ersten richtigen Traktor überhaupt hierzulande. Denn der Traktor ist erst gute 100 Jahre alt und hat sich seither eben nicht nur zum Verstärken landwirtschaftlicher Arbeitskraft bestens bewährt, sondern auch zum Bekräftigen bäuerlicher Forderungen. Er ist eben die Land-Maschine schlechthin. Bei der Lackierung wählen übrigens weitaus die meisten Bauern grün.

Was aber die Arbeitskraft betrifft: Jede einzelne Pferdestärke kostet in der Anschaffung laut dem Traktoren-Sonderheft der Zeitschrift agrarheute von 2021 etwa 790 Euro. Und mit zwölf PS damals beim Lanz ist es ja nicht mehr getan, der Schnitt bei Neutraktoren liegt etwa beim Zehnfachen. Die Gesamtzahl der Traktoren ist angesichts anziehender Preise zuletzt nur schleppend gestiegen, bei immer weniger Betrieben. Mit Elektromobilität geht in der Landwirtschaft bisher auch nicht viel. Für einen Arbeitstag am Feld reichen die Batteriekapazitäten noch längst nicht aus, und für eine Fahrt auf die Theresienwiese wohl auch nicht. Ein bisserl Diesel braucht es also schon bis München. Für landwirtschaftliche Zwecke bisher zum reduzierten Steuersatz.

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