"Dem Schnabel nach":Viel Papierkram für das Wohl des SZ-Vogels

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Der Große Brachvogel ist eine Schnepfenart - und wenn ihm heiß wird, dann hechelt er wie ein Hund. (Foto: Frank Derer)

Der Brachvogel ist ein streng geschütztes Tier. Darum sind für das Forschungsprojekt, an dem er beteiligt ist, allerhand Genehmigungen nötig - und viel Geld.

Von Christian Sebald, München

Auch an der andalusischen Atlantikküste herrscht Sonnenschein pur, und es ist 39 Grad heiß. Schnepfinger macht das nichts aus. Der SZ-Brachvogel fühlt sich weiter wohl in seinem Überwinterungsgebiet im Nationalpark Coto de Doñana. Am Mündungsdelta des Guadalquivir, wo er im Schlick herumwatet, ist es selbst in diesen Hundstagen vergleichsweise angenehm. Und wenn es Schnepfinger doch einmal heiß wird, dann öffnet er den Schnabel und hechelt ein wenig. So verschaffen sich nämlich nicht nur Hunde, sondern auch Brachvögel etwas Abkühlung.

Andreas von Lindeiner berichtet derweil von dem immensen Aufwand, den er und seine Kollegen treiben mussten, bis sie ihr Brachvogel-Forschungsprojekt starten konnten. Lindeiner ist oberster Artenschützer des Landesbunds für Vogelschutz (LBV) und zuständig für alle Forschungen seines Verbands. Nun ist ja der Glaube verbreitet, so ein Wissenschaftler überlegt sich etwas und legt dann los. Weit gefehlt. Der LBV hat sogar eine Machbarkeitsstudie erstellt, um den bürokratischen Vorlauf seines Brachvogel-Projekts abzuklären. Und er hat eine Steuerungsgruppe eingerichtet mit Vertretern aller Behörden und Stellen, mit denen er dabei zu tun hat.

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Das Forschungsprojekt selbst fing damit an, dass es der LBV als solches genehmigen lassen musste. Denn so ein Brachvogel ist ein streng geschütztes Tier. Für alles, was mit ihm passiert, sind die höheren Naturschutzbehörden zuständig. Sie sind an den Bezirksregierungen angesiedelt. Das Brachvogel-Projekt musste gleich von vier Bezirksregierungen genehmigt werden, denen in Ober- und Niederbayern sowie in der Oberpfalz und in Mittelfranken. Überall dort liegen die Brutgebiete, aus denen Schnepfinger und die anderen Projektvögel stammen. Also füllte Lindeiner für jede Bezirksregierung einen Antrag aus.

Damit nicht genug. Projektleiterin Friederike Herzog brauchte eine ganze Reihe "Artenschutzrechtliche Genehmigungen", damit sie mit dem Auto in die Brutgebiete hineinfahren und Brachvögel einfangen darf. Nur dann sind die Fangaktionen keine Verstöße gegen die Vorgaben für Schutzgebiete. Außerdem mussten sich Lindeiner und Co. einen Tierversuch genehmigen lassen. "Das Fangen eines Vogels und das Umschnallen eines Senders gelten als Tierversuch", sagt Lindeiner. "Obwohl weder ein Eingriff in das Tier, noch ein Verabreichen einer Substanz stattfindet, wie das bei Tierversuchen üblich ist."

Nicht weniger wichtig ist das Geld. So ein fünfjähriges Forschungsprojekt ist teuer. Der LBV kalkuliert mit 400 000 Euro - für Personal und Fahrtkosten, aber auch für Fachveranstaltungen, Informationen und Mitarbeiterschulungen. 350 000 Euro übernimmt der Bayerische Naturschutzfonds. Die gemeinnützige Stiftung wurde 1982 vom Freistaat gegründet und fördert Maßnahmen zum Schutz, der Pflege und der Entwicklung von Natur und Landschaft in Bayern. Die Erforschung des Winterflugs des Brachvogels zählt dazu. Der LBV musste nur die verbleibenden 50 000 Euro über seine eigene Stiftung "Bayerisches Naturerbe" finanzieren.

Auch das Landesamt für Umwelt (LfU) ist mit von der Partie. Ihm gehören die GPS-Sender, die den Brachvögeln umgeschnallt werden. Die Hightech-Geräte, die ihren Aufenthalt und ihre Flugrouten auf wenige Meter genau angeben, kosten 10 000 Euro pro Stück. Und jede Menge Handy-Gebühren. Die Sender übermitteln ihre Daten via Handynetz in die LBV-Zentrale in Hilpoltstein. Schnepfinger sendet stündlich aus dem Mündungsdelta des Guadalquivir.

© SZ vom 02.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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