Kommunalwahl in Bayern:Alle sehen sich als Sieger

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Nach der Stichwahl per Brief zeigen sich alle Parteien mit dem Ergebnis zufrieden. (Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Nach den Stichwahlen am Sonntag betont jede Partei, dass sie unterm Strich gestärkt worden sei. Und trotzdem gab es hier und da "traurige Niederlagen" und "Schatten".

Von Florian Fuchs und Matthias Köpf, München

Die lokalpolitische Landkarte Bayerns hat seit der Stichwahl am Sonntag einen grünen Farbfleck weniger, zumindest was die Landräte und die Oberbürgermeister der kreisfreien Städte betrifft. Nachdem die Miesbacher ihren grünen Landrat Wolfgang Rzehak nach nur einer Amtszeit abgewählt und sich in der Stichwahl klar für den CSU-Kandidaten Olaf von Löwis entschieden haben, sticht nur noch der unterfränkische Landkreis Miltenberg heraus, wo sich Landrat Jens Marco Scherf schon im ersten Wahlgang vor zwei Wochen durchgesetzt hatte. Geht es nach der Parteispitze der bayerischen Grünen, dann schimmert es unter dem großflächigen Schwarz im Freistaat trotzdem vielerorts deutlich grün hindurch. Doch auch die CSU, die Freien Wähler und sogar FDP und SPD sehen sich als Sieger.

"Eine traurige Niederlage" sei das zwar im Landkreis Miesbach, sagt die Grünen-Landesvorsitzende Eva Lettenbauer, aber "wir haben den ja nicht gepachtet", eher im Gegenteil. Und die Politik bestimme ohnehin kein einzelner Landrat und auch kein einzelner Bürgermeister, von denen die ansonsten aufstrebenden Grünen laut Lettenbauer landesweit nun nur noch 13 statt zuvor 15 stellen. Gerade weil es so viele Kandidaten ihrer Partei in die Stichwahlen geschafft hatten, hätte diese zweite Runde aus Lettenbauers Sicht durchaus etwas besser laufen können.

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So steht dem Verlust des Landratspostens in Miesbach kein neuner grüner Landrat in irgendeinem anderen Landkreis gegenüber. Unabhängig davon sei es jedenfalls richtig und wichtig gewesen, an vielen Orten um Platz eins, also auch um die Posten des Bürgermeisters und Landrats zu kämpfen - vereinzelt sogar mit Ergebnissen von mehr als 40 Prozent für die grünen Kandidaten, wie Lettenbauer betont. Die Politik werde in den jeweiligen Räten ausgehandelt, und da sehen sich die Grünen nach den Wahlen für die Kreistage und die Räte der kreisfreien Städte mit einem Zuwachs um 7,3 Prozentpunkte von 10,2 Prozent auf 17,5 Prozent der Stimmen seit 2014 ganz klar als zweitstärkste politische Kraft im Land. Das sind sie im Übrigen auch im traditionell konservativ dominierten Landkreis Miesbach mit 19,3 Prozent bei den Kreistagswahlen.

Der CSU ist es trotzdem wichtig zu betonen, dass die Partei in den Stichwahlen gegen die Grünen als klarer Gewinner hervorging. Ministerpräsident Markus Söder hatte die Partei ja vor den Wahlen zum Hauptkonkurrenten ausgerufen, da tut jeder Erfolg gut. Insbesondere Miesbach, feixt Generalsekretär Markus Blume, sei vor sechs Jahren als Beleg dafür herangezogen worden, dass die Grünen auch Landrat könnten. "Da haben die Bürgerinnen und Bürger nun gesehen, dass es auch besser geht." Überhaupt sei die Partei in Oberbayern wieder erstarkt, sie stellt dort jetzt 15 von 20 Landräten und acht von zwölf Oberbürgermeistern. "Das freut mich besonders." Blumes Fazit nach den Stichwahlen: Die CSU sei mit drei Vierteln aller Ländrate weiterhin die Partei des ländlichen Raums. Sie stelle zwei Drittel der Bürgermeister in den Kommunen, in denen überhaupt ein Vertreter der Partei zur Wahl angetreten sei. In absoluten Zahlen: 923. Und in der Hälfte der kreisfreien Städte stehen weiterhin CSU-Oberbürgermeister an der Spitze. Mit Nürnberg und Augsburg regiere die CSU zudem künftig zwei der drei größten bayerischen Städte.

Blume also ist zufrieden. Dass Nürnberg zwar gewonnen, dafür aber Ingolstadt an die SPD gegangen ist, erwähnt er von sich aus lieber nicht. "Wo viel Licht ist, ist auch Schatten", sagt er stattdessen auf Nachfrage. In Ingolstadt habe die CSU in den vergangenen Jahren wegen der Korruptionsaffäre "eine schwierige Zeit" gehabt. Auch in Schwaben hat die CSU einige empfindliche Niederlagen erleiden müssen. Im Unterallgäu ist der CSU-Bewerber gegen seinen Konkurrenten von den Freien Wählern in der Stichwahl untergegangen.

Im Landkreis Oberallgäu hat sich am Sonntagabend eine der größten Wahlüberraschungen des Freistaats ereignet: Nach großem Vorsprung im ersten Wahlgang hat dort CSU-Bewerber Alfons Hörmann gegen die weitgehend unbekannte Bewerberin der Freien Wähler, Indra Baier-Müller, verloren. Hörmann ist als Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes weit über das Allgäu hinaus bekannt, am Ende ist ihm jedoch wahrscheinlich genau dieses Amt zum Verhängnis geworden. Auch Markus Blume glaubt, dass "es eine Rolle gespielt hat", dass Hörmann sein Präsidentenamt selbst bei erfolgreicher Wahl nicht aufgeben wollte.

Die Freien Wähler jubeln natürlich über das Allgäu als ihre neue Hochburg. "Ein wunderbares Ergebnis" sei dies, ließ Hubert Aiwanger seinen schwäbischen Parteifreunden noch am Sonntagabend ausrichten. Der pragmatische Politikansatz komme gerade in Zeiten von Corona bei Wählern gut an. Wenn Aiwanger jubeln kann, dann vor allem mit Blick auf die vielen Bürgermeisterposten kleinerer Kommunen im Land, wo einige Amtsträger hinzu gekommen sind. Was die Landräte und kreisfreien Städte anbelangt, steht unter dem Strich ein Posten mehr auf der Habenseite: Im Vergleich zu 2014 stellt die Partei nun 14 statt 13 Landräte und Oberbürgermeister kreisfreier Städte. In Bayreuth musste sich der Bewerber dem Konkurrenten von der CSU geschlagen geben. Dafür sind zwei Landräte hinzu gekommen. Bayerns Landkarte hat sich also ein ganz klein wenig mehr orange gefärbt. Für Aiwanger ist das trotzdem "ein Freudentag".

Deutlich mehr Orange als Grün ist es aber tatsächlich, und rar gesät ist auch Gelb, was Chefposten anbelangt: Dem einzigen grünen Fleck Miltenberg entspricht auf der Ebene der Kreise und kreisfreien Städte ein einziger gelber, nämlich die Stadt Landshut, wo Oberbürgermeister Alexander Putz sein Amt verteidigt hat. Obwohl Putz in die Stichwahl musste, interpretiert der FDP-Landesvorsitzende Daniel Föst die mehr als 70 Prozent für seinen Parteifreund als "überwältigenden Vertrauensbeweis und eine klare Bestätigung für seinen politischen Kurs der Mitte". Dass sich die FDP trotzdem über einen Zuwachs an Amtsträgern freut, liegt an der Kreisstadt Lindau, wo die von der FDP und anderen Gruppen nominierte Claudia Alfons neue Oberbürgermeisterin wurde.

Für eine "kommunale Stärke", wie sie Bayerns SPD-Vorsitzende Natascha Kohnen für ihre Partei in Anspruch nimmt, würde so etwas noch nicht reichen. Doch Kohnens zuletzt nicht gerade erfolgsverwöhnte SPD hat sich nun in den Landkreisen und kreisfreien Städten tatsächlich vergleichsweise gut gehalten. Kohnen selbst blickt da lieber nicht auf die verlorene Großstadt Nürnberg, sondern besonders gerne nach Ingolstadt sowie nach Franken, wo sich in mittelgroßen Städten wie Aschaffenburg, Hof, oder Schwabach SPD-Kandidaten durchgesetzt haben. In Franken liegt mit Schweinfurt auch Bayerns einziger rot regierter Landkreis, den Landrat Florian Töpper für die Sozialdemokraten behauptet hat.

Trotzdem zeigt sich Parteichefin Kohnen mit dem Abschneiden der SPD-Kandidaten in den ländlichen Regionen "unglaublich zufrieden". Sie muss da aber auf Orte wie Bad Wiessee oder Mittenwald zurückgreifen, wo zur allgemeinen Überraschung SPD-Leute Bürgermeister wurden, während etwa in Garmisch-Partenkirchen, Traunstein, Mühldorf oder Penzberg Genossen aus dem Amt gewählt wurden. Hoffnung schöpft Kohnen nach eigenen Worten auch aus dem niedrigen Alter vieler SPD-Kandidaten, für sie "eine klasse Zukunftsperspektive" für die Wahl in sechs Jahren.

© SZ vom 31.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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