Statistisches Jahrbuch 2018:Bayern, das Land der Superlative

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So viele Einwohner wie nie, so wenige Arbeitslose wie nie, so viele Dicke wie nie: Innenminister Joachim Herrmann findet im Statistischen Jahrbuch 2018 vor allem Rekorde - aber nicht nur positive.

Von Johann Osel, München

Ohne Superlative und nahezu hymnische Worte kommt der Innenminister an diesem Tag nicht aus. Bayern nehme eine "phänomenale Entwicklung", sei "erfolgreich und begehrt wie nie" als "der Leistungsmotor Deutschlands" - und verbuche unter anderem mehr Geburten, mehr Jobs, mehr Investitionen. Doch die Zahlen bestätigen Joachim Herrmann (CSU), er stellte am Dienstag das Statistische Jahrbuch für Bayern 2018 vor: ein telefonbuchdickes Kompendium, in dem das Statistische Landesamt den Freistaat in Zahlen dokumentiert, teils aktuell inklusive des vergangenen Jahres, teils bis Ende 2017. Ein Überblick zu ausgewählten Themen.

Bevölkerung

Exakt 12 997 204 Einwohner hatte Bayern zum Stichtag Ende 2017, inzwischen wurde die 13-Millionen-Marke aber bereits geknackt; damit leben im Freistaat so viele Menschen wie nie. Mehr Babys und Zuwanderung treiben die Einwohnerzahl nach oben. 2017 verzeichnete man die höchste Geburtenrate seit 1998, genau 126 191 Kinder (im Übrigen wurden 577 Mädchen und Buben adoptiert). Im selben Jahr wurden 15 638 Ausländer eingebürgert. Der Anteil ausländischer Staatsbürger lag zuletzt bei 12,6 Prozent, jeder vierte Einwohner hat einen sogenannten Migrationshintergrund. Die Bevölkerungsentwicklung hängt nach Herrmanns Worten "ganz erheblich mit Migration zusammen". Er betonte, dass neben Neu-Bayern aus anderen Bundesländern sowie Migranten aus aller Welt (hierunter auch Flüchtlinge) die innereuropäische Zuwanderung maßgeblich sei. Insgesamt erkenne die Staatsregierung "Zuwanderung in die Arbeit", die nicht die Sozialsysteme belaste, sondern vielmehr stärke. Trotz Geburtensteigerung sei die Zahl der Todesfälle höher - im Saldo würde Bayern ohne Migration schrumpfen. In den nächsten 20 Jahren wird das Land laut Prognose weiter wachsen, um gut eine halbe Million Einwohner - in Ober- und Unterfranken sei allerdings mit Rückgängen zu rechnen.

Arbeit und Wohnen

Mit einer Arbeitslosenquote von 2,9 Prozent (2018) und 3,2 Prozent (2017) ist Bayern der Primus unter allen Bundesländern. Vollbeschäftigte Arbeitnehmer verdienten im Durchschnitt 3940 Euro brutto, ohne Sonderzahlungen - Frauen gleichwohl 18 Prozent weniger als Männer. Das Bevölkerungswachstum macht Wohnraum erforderlich. 2017 wurden 61 000 Wohnungen fertiggestellt, der höchste Wert seit dem Jahr 2000 und laut Minister "ein sensationeller Erfolg". Ob die Bemühungen reichen? Das war angesichts der Wohnungsknappheit und explodierender Mieten vor allem in Städten ein prägendes Thema im Landtagswahlkampf. Durchschnittlich berappen die Bayern 27 Prozent ihres monatlichen Nettoeinkommens für Miete, vielerorts dürfte das freilich deutlich mehr sein.

Öffentliche Finanzen

Erfreulich ist laut Minister, dass der Freistaat 2017 Gesamteinnahmen in Höhe von 61,1 Milliarden Euro verbuchte - und so seine Verschuldung um 2,5 Milliarden Euro reduzieren konnte. Bei der Schuldenlast, umgerechnet auf die Einwohner, ergibt sich die niedrigste Summe bundesweit: Demnach steht quasi jeder Bayer mit 1372 Euro in der Kreide, auf Platz zwei folgt Sachsen (1913 Euro), dahinter Baden-Württemberg (3662 Euro); im Bundesdurchschnitt sind es 6682 Euro. Herrmann verwies auf Investitionen, das "qualitative Wachstum zu bewahren, ist die Herausforderung der nächsten Jahre". Hier gebe das Jahrbuch - aktuell in der 61. Auflage - "wichtige Grundlagen für die Gestaltung der Landespolitik".

Straßenverkehr und Kriminalität

Als der Innenminister 1976 seinen Führerschein machte, waren mehr als 3000 Verkehrstote in Bayern zu beklagen. Zuletzt starben 608 Menschen im Jahr bei Unfällen; und das bei zunehmenden Verkehr auf den Straßen. Die Zahl der zugelassenen Fahrzeuge ist über die Jahrzehnte kontinuierlich gestiegen. Anfang 2018 waren 9,9 Millionen Fahrzeuge zugelassen, ein weiteres Plus wird erwartet. Um die innere Sicherheit in Bayern sei es "gut bestellt", so Herrmann. Nirgendwo in Deutschland sei das Risiko geringer, Opfer eines Verbrechens zu werden. Im Frühjahr wird die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) für 2018 erwartet. Die jüngste PKS für den Zeitraum 2017 ergab 4533 Straftaten je 100 000 Einwohner. Einbrüche, Diebstähle, Körperverletzungen und Tötungsdelikte waren zurückgegangen, teils deutlich; mehr Delikte registrierte man bei Drogen, Internetkriminalität und Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (hier hatte jedoch zuvor eine Gesetzesverschärfung gegriffen). Der Anteil der Nicht-Deutschen unter allen Tatverdächtigen beträgt circa ein Drittel. Um ausländerrechtliche Delikte, etwa bei illegaler Einreise, ist die PKS bereinigt.

Wirtschaft

Die "ungebremste Attraktivität Bayerns" liege vor allem an der wirtschaftlichen Stärke, sagte Herrmann. Ein Plus gab es etwa beim Umsatz im verarbeitenden Gewerbe und im Einzelhandel sowie bei Übernachtungen im Tourismus. Und beim Bierabsatz - fast die Hälfte aller deutschen Braustätten hat ihren Sitz in Bayern. 2559 Unternehmen mussten 2017 Insolvenz anmelden, 6,5 Prozent weniger als im Vorjahr.

Alltagsleben

Single-Haushalte liegen im Trend: Es gibt davon 2,7 Millionen, in Städten mit mehr als 100 000 Einwohnern stellen sie sogar knapp die Mehrheit der Haushaltsformen. Zum Standesamt zieht es Landeskinder immer später, das durchschnittliche Heiratsalter lediger Männer beträgt 33,9 Jahre, bei Frauen 31,3 - das ist acht Jahre später als zu Beginn der Siebzigerjahre. 95 Prozent der Haushalte besitzen mindestens ein Handy, 88 Prozent einen PC - am häufigsten in der mobilen Variante, zum Beispiel als Notebook. 51 Prozent der Einwohner sind zu dick, gelten zumindest als übergewichtig, wenn man die strengen Body-Mass-Index-Kriterien anlegt. Dabei sind etwa 4,5 Millionen Bayern Mitglied in einem Sportverein - vielleicht sitzen viele ja bevorzugt auf den Zuschauertribünen.

© SZ vom 30.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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