Mitten in Bayern:Skifahren - der neue Sport der Reichen

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Der Zirkus geht wieder von vorne los: Ski und Snowboards stehen im Skigebiet am Stubaier Gletscher vor einem Lift. (Foto: Annette Reuther/dpa)

Früher galt Golf als elitär. Wer aber einen Blick auf die Preise von Ausrüstung und Tickets wirft, der kommt zum Schluss: Alpinen Wintersport können sich bald nur noch Radiologen leisten.

Glosse von Sebastian Beck

Früher war Golf mal ein elitärer Sport und daher ein gefundenes Fressen für all jene, die sich über die Großkopferten und Gwappelten und deren herrschaftliche Landnutzung aufregen wollten. Inzwischen haben erste Ausläufer der Golferei den eigenen Bekanntenkreis erreicht. Man traut sich ja kaum mehr zu lästern, wenn man wo eingeladen ist. Womöglich golft die alte Schulfreundin jetzt auch schon oder kennt jemanden, der golft oder demnächst golfen wird, weil Golfen sooo suuuper ist, das glaubst du gar nicht. Du mit Deinen Vorurteilen, komm doch einfach mal mit auf die Driving Range! Lauter nette Leute!

Wenn das so weitergeht, fahren Schulklassen in Zukunft zur Golfwoche und nicht mehr ins Skilager, womit sich der Text seiner eigentlichen These nähert: Als Elitensport wird Golf gerade vom Skifahren abgelöst. Einen Weihnachtsurlaub der vierköpfigen Familie in Fieberbrunn oder sonst wo können sich bald nur noch Radiologen leisten, selbst Kassenzahnärzte müssen auf Spaziergänge und Ausflüge mit dem Zipfelbob umstellen. Egal, ob der Winter irgendwann kommt oder nicht: Die Preise steigen und in den Sportgeschäften erreicht die Materialschlacht im November ihren ersten traditionellen Höhepunkt. Die Stichprobe eines passionierten Nichtgolfers und Ex-Skifahrers hat ergeben: Kinderski (Sonderpreis) 365 Euro, Alpinski Herren (Sonderpreis) 999 Euro, Snowboard 1199 Euro, Schuhe um die 500 Euro, Stecken 100 Euro oder mehr, Kunststoffjacke ab 450 Euro. Ein komplett ausgestatteter Ski-Alien wie im Schaufenster kommt locker auf 2800 Euro.

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Er hat aber dann noch kein Ticket. In Fieberbrunn zahlen Erwachsene für die Tageskarte 72 Euro (Hauptsaison), Jugendliche 54 Euro und Kinder 36 Euro. Am Brauneck gibt es immerhin einen Familienskipass - für 120 Euro am Tag. Plus Anfahrt und Verpflegung und Hotel. Da wundert es nicht, wenn Menschen Skibasare stürmen wie einst die Apple-Stores zum Verkaufsstart eines neuen iPhones - und das nur, damit sie auch noch mitrutschen können im großen Skizirkus, der langsam ausapert.

Zugegeben, es gab da diese Momente: letzte Abfahrt bei Sonnenuntergang in Samnaun. Brettlharte Piste. Silvretta-Gipfelpanorama. Unten das Alpinhotel samt Kaminfeuer. Eine schöne Erinnerung. Geradezu unbezahlbar.

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