Schwarzbuch:Bund der Steuerzahler prangert Geldverschwendung in Glentleiten an

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Ob Bauen damals auch schon so kostspielig war? Die alten Häuser zeugen von früher. (Foto: Christian Bäck)

Das Freilichtmuseum bekommt ein neues Eingangsgebäude, das fast doppelt so teuer wird wie die genannte Höchstgrenze.

Von Stefan Mayr und Johann Osel, München

Es soll eine schöne kleine Feier werden am Freitagvormittag: Spatenstich in der Glentleiten, das Freilichtmuseum zwischen Murnau und Kochelsee bekommt ein neues Eingangsgebäude samt Gaststätte, Schaubrauerei, Laden und einem Raum für Ausstellungen. Der oberbayerische Bezirkstagspräsident hat sich angekündigt, die Landräte von Garmisch-Patenkirchen und Bad Tölz-Wolfratshausen, die örtlichen Bürgermeister, der Architekt natürlich. Nach dem Spatenstich, so hört man, wird Leberkäs kredenzt. Kurzum: Grund zur Freude. So die Planung.

Vermiest werden könnte die Party allerdings am Tag zuvor in München. Am Donnerstag stellt der Bund der Steuerzahler in Bayern sein Schwarzbuch 2016 vor, in dem die schlimmsten Fälle von Verschwendung von Steuergeld aufgelistet werden. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung ist im Kapitel "Baukostenexplosionen und drohende Verschwendung" auch das neue Eingangsgebäude für das Freilichtmuseum zu finden - und das noch vor dem Spatenstich.

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Im Jahr 2014 ging der Bezirk Oberbayern als Bauherr noch von einer "Kostenobergrenze" von 7,5 Millionen Euro aus. So war es jedenfalls im Realisierungswettbewerb ausgeschrieben. Heute, zwei Jahre später, haben sich die Kosten beinahe verdoppelt: Inzwischen plant der Bezirk mit 13,5 Millionen Euro. Er trägt den Großteil der Kosten, es gibt noch pauschale Zuschüsse von der Bayerischen Landesstiftung und dem Kulturfonds Bayern, zusammen sind das aber nur knapp 1,5 Millionen Euro.

Eine Sprecherin des Bezirks bestätigte auf SZ-Anfrage die Kostensteigerung. In einem Schreiben an den Bund der Steuerzahler begründet der Bezirk dies so: 2014 habe nur eine "Grobkostenschätzung" vorgelegen, in der diverse Posten wie jene für Brandschutz, Barrierefreiheit oder Erschließung noch nicht enthalten gewesen seien. Von Steuerverschwendung könne keine Rede sein, heißt es. Das neue Gebäude sei zudem dringend nötig.

Dies kann man durchaus nachvollziehen. Das Freilichtmuseum, dessen 40-jähriges Bestehen kürzlich gefeiert wurde, ist seit der Eröffnung stetig gewachsen. Mehr als 60 Originalhäuser sind dort aufgebaut. Sie zeigen auf einem gut 38 Hektar großen Areal die ländliche Vergangenheit, die Anlage erzählt von Bauern und Krämern, Tagelöhnern, Müllern.

Im Schnitt hat das Museum 130 000 Besucher im Jahr. Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) sprach im Frühjahr beim Festakt zum Jubiläum von einem "Besuchermagneten von hohem wissenschaftlichen Anspruch". Geboten seien "authentische und unmittelbare wie seltene Einblicke in die Lebens- und Arbeitsweise vorangegangener Generationen". Für das neue Entree hatte man einen europaweiten Architekturwettbewerb ausgeschrieben. Ende August rollten die ersten Bagger an.

Das neue Wirtshaus wird, anders als das bisherige Lokal, nicht nur für Museumsbesucher zugänglich sein - was in der regionalen Gastronomie auch Groll hervorrief. In seinem Brief an den Steuerzahlerbund verweist der Bezirk auf künftige Pachteinnahmen durch die Gaststätte. Diese sollen einen "wesentlichen Beitrag zur Investitionsfinanzierung" leisten. Auf Anfrage teilte aber die Sprecherin des Bezirkstagspräsidenten mit, dass "eine wirkliche ,Refinanzierung' (auch angesichts der eingeschränkten Öffnungszeiten) unrealistisch" sei.

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Der Steuerzahlerbund wollte am Mittwoch auf SZ-Anfrage den Fall Glentleiten nicht kommentieren. Vizepräsidentin Maria Ritch verwies auf die Präsentation des Schwarzbuches am Donnerstag. Sie äußerte sich jedoch allgemein zum Umgang der Behörden mit Bauprojekten: "Sie sind nach wie vor nicht in der Lage, Projekte im vorgegebenen Kosten- und Zeitrahmen durchzuführen."

Aus welchen Gründen auch immer, ergänzt sie, "oft laufen schon im Planungsstadium die Kosten davon." Etwa fünf Prozent aller Ausgaben der öffentlichen Hand seien vermeidbar, schätzt Ritch. Der Neubau soll im Jahr 2018 fertig sein. Ob der aktuelle Zeit- und Kostenplan eingehalten wird? Das ist noch offen. Am Freitag ist jetzt erst einmal Spatenstich.

© SZ vom 06.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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