Schacky-Park am Ammersee:Bayerns skurrilste Kuhweide

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Früher graste im Schacky-Park Vieh. Mit Macheten, Enthusiasmus und viel Geld hat ein Förderkreis den Landschaftspark jetzt freigelegt - und einiges entdeckt.

Von Anna Günther, Dießen

Über die Landstraße braust der Verkehr, gegenüber der Tankstelle am Ortsrand von Dießen hängt ein schmuckloses Holztor. Dahinter liegt eine Oase. Knorrige Apfelbäume stehen auf hügeligen Wiesen, Schmetterlinge taumeln durch die Luft. Unter den Bäumen stehen Bienenkästen, im Gras zirpen Grillen. Die Zeit scheint still zu stehen. Oben auf dem Hügel steht der Monopteros, stellt man sich auf die Zehenspitzen, ist der Ammersee zu sehen.

"Zuletzt war das hier die wohl kurioseste Kuhweide Bayerns", sagt Christine Reichert. Sogar durch den Monopteros seien die Kühe gelaufen. Jahrzehntelang nutzten die Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Vinzenz von Paul den Schacky-Park für die Landwirtschaft, Brunnen und Statuen verfielen.

"Die Kühe haben den Park vor der Verwilderung geschützt", sagt die 64-Jährige. Irgendwie müsse man dankbar sein, das Ensemble wurde 1992 unter Denkmalschutz gestellt. Dort wo keine Kühe grasten, breitete sich die Natur aus.

Beim ersten Parkbesuch brauchten die Renovierer Macheten

Vom Monopteros, dem höchsten Punkt des Parks, läuft Reichert trittsicher über einen schmalen Pfad in den Wald. Es geht ins Unterholz, ein Rinnsaal schlängelt sich an der tiefsten Stelle des Wäldchens, darüber steht eine kleine Brücke aus unbehauenem Holz. Wäre der Spaziergang Teil eines Disney-Films, würden gleich sieben Zwerge ums Eck biegen - "hei ho" singend. Hinter der Brücke führt der Pfad zum Teich, das Wasser riecht leicht modrig, Brennnesseln stehen mannshoch.

"Beim ersten Gang durch den Park sind wir mit Macheten hier durch", sagt Reichert. Im Dezember 2005 hatte die Gemeinde Dießen den Park an den neu gegründeten Förderkreis übergeben. 21 Mitglieder waren es damals, heute sind sie 494, davon 80 aktive. Der Schacky-Park war stets in Privatbesitz, seit zehn Jahren ist er offen. "Als Kinder schlichen wir uns heimlich rein", sagt die Vorsitzende des Förderkreises. Umso größer war der Reiz, endlich alles zu sehen.

Ludwig Freiherr von Schacky auf Schönfeld, königlicher Kämmerer unter Prinzregent Luitpold von Bayern, kaufte 1903 am Südrand von Dießen mehrere Wiesen, um einen englischen Landschaftspark anzulegen. Auch wenn alle Pläne im Krieg verbrannten, das Vorbild ist klar: In München lebte Schacky gegenüber dem Haus der Kunst direkt am Englischen Garten, der Monopteros lag in Spazierweite. Schacky baute 1905 seinen eigenen, kaufte 1908 die Villa Diana am Parkrand dazu.

Der Monopteros ist das Herzstück des Schacky-Parks.

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(Foto: Georgine Treybal)

Jahrzehntelang nutzten die Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Vinzenz von Paul den Park für die Landwirtschaft, Brunnen und Statuen verfielen.

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(Foto: Georgine Treybal)

Am Brunnen "Neugierde" erfreut sich Christine Reichert.

Manches Vorbild für den Schacky-Park steht in München

Er schuf sich auch einen asiatischen Teepavillon, den er als bayerisches Gartenhaus genehmigen ließ - und dann umplante. Brunnen mit spielenden Putti oder dem Flussgott an der "Neugierde", einem repräsentativen Brunnen zum Sehen und Gesehen werden, sind dem Historismus zuzuordnen, gleichzeitig war Schacky hochmodern: Er ließ als einer der ersten den Park mit elektrischen Laternen beleuchten. Das Licht sahen Reisende schon von Andechs aus.

Der Freiherr starb 1913 mit 63 Jahren, seine Frau Julia beerdigte er drei Jahre vorher. Bis 1922 nutzte die Familienstiftung den Park, dann kaufte Georg Heim, Mitgründer der Bayerischen Volkspartei und Präsident der Landesbauernkammer, den Park.

1933 entzogen ihm die Nationalsozialisten alle Ämter, Heim verkaufte an den Orden. Seit 2004 nutzt der Dießener Reit- und Fahrverein neun Hektar des Parks, um den östlichen Teil mit geschützten, hundert Jahre alten Bäumen und Brunnen kümmert sich der Förderkreis.

Die Bürger von Dießen spenden großzügig für den Park

Als er endlich in den Park durfte, suchte der Verein als erstes das Teehaus. Irgendwo im Dickicht sollte es liegen. Sie fanden es nicht. Der Wald war zu dicht, Wege gab es nicht mehr. "Wir waren anfangs von abenteuerlicher Naivität", sagt Christine Reichert. Wie viel Arbeit es ist, den Park wieder auf Vordermann zu bringen und wie viel Geld es verschlingt, hatten sie nicht geahnt.

Enthusiastische Buddeleien des Anfangs mussten gestoppt und Ausgrabungen denkmalkonform aufgenommen werden. Der Baumeister Emil Schmitt kümmert sich auch mit 88 noch um die Rekonstruktion von Brunnen und Säulen, Manfred Erhardt betreut den Gartenbau.

Die Gemeinde Dießen übernimmt Pacht und Versicherung, die Mitglieder zahlen 20 Euro Beitrag im Jahr und sammeln Spenden. "Die Dießener sind großzügig und das Leader-Programm hilft sehr", sagt Reichert. Die EU fördert mit diesem Fond die Entwicklung des ländlichen Raums.

Der Förderverein muss große Projekte vorfinanzieren, bekommt aber die Hälfte zurück. 120 000 Euro kostete zum Beispiel die Sanierung des Teehauses, dazu kamen 9000 ehrenamtliche Arbeitsstunden. Im 2009 fertigsanierten Monopteros finden Matineen und Konzerte statt, im Teehaus sollen bald Künstler ausstellen - zu Tee aus bayerischem und asiatischem Porzellan.

Wir bedanken uns bei Marie-Luise Dastis aus Dießen für den Tipp.

© SZ vom 28.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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