Eingeschleppte Tierart:Quallen im Badesee

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Quallen gibt es nur im Meer? Von wegen? "In den vergangenen zehn bis 15 Jahren hat man fast überall in unseren Seen Süßwasserquallen gefunden", sagt Herwig Stibor. (Foto: imago images / blickwinkel)

Im Rottachsee im Allgäu leben seit neuestem kleine Süßwasserquallen. Für den Menschen sind die faszinierenden Tiere ungefährlich - sie zeugen sogar von ausgezeichneter Wasserqualität.

Glosse von Florian Fuchs, Augsburg

Quallen sind faszinierende Tiere, schon alleine, weil sie Millionen Jahre ohne Gehirn überlebt haben. Und trotzdem haben sie alles drauf, was auch ein erfülltes Menschenleben ausmacht: Beute jagen, auf Feinde reagieren und Geschlechtspartner erkennen. Ihr Leben regeln sie durch spezielle Sinneszellen in der äußeren Zellschicht, mit dem Vorteil, sich keine Gedanken darüber machen zu müssen. Man darf sich Quallen also als zufriedene Lebewesen vorstellen, die sich auch nicht wundern, wenn sie plötzlich im Allgäu stranden. Sie hängen einfach ihre Tentakeln in die Strömung und lassen es sich gut gehen.

Craspedacusta sowerbii heißt die Süßwasserqualle, die nun im Rottachsee im Oberallgäu nachgewiesen wurde. Ein Biologe des Wasserwirtschaftsamts Kempten hat bestätigt, dass die etwa Zwei-Euro-Stück große Qualle durch den See treibt. Vielleicht wurde die ursprünglich wohl aus Asien stammende Art über Boote in den Rottachsee eingeschleppt. Das Wasserwirtschaftsamt bestätigt auch, dass die Qualle absolut harmlos ist für den Menschen. Das ist eine beruhigende Nachricht, wenn man bedenkt, dass Quallen jährlich mehr Menschen auf dem nicht vorhandenen Gewissen haben als Haie. Aber das sind eher die giftigen Verwandten aus dem Meer, und die können ja auch nichts dafür, wenn sich wieder einer in ihre Fangarme verschwimmt.

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Craspedacusta sowerbii also sind freundlich gestimmt, soweit so etwas über ein hirnloses Lebewesen gesagt werden kann, das zu 99,3 Prozent aus Wasser besteht, und außerdem ein gutes Zeichen für Badeseen: Die Süßwasserquallen bevorzugen Gewässer mit guter Qualität, sie tauchen überhaupt nur da auf, wo die Wassertemperatur 20 Grad deutlich übersteigt. Laut Landesfischereiverband ist dies auch im Haselfurther Weiher bei Landshut, im Haager Weiher bei Freising oder im Weicheringer See bei Ingolstadt der Fall. Mit ihren Tentakeln erbeuten sie Zooplankton, also Ruderfußkrebse, Wasserflöhe und Rädertierchen.

Wahrscheinlich sind die Fischer auch deshalb so entspannt, weil die Süßwasserqualle zu klein ist, um Edelkrebse in ihren Speiseplan aufzunehmen. Die Tiere, die so ähnlich schmecken wie Hummer, leben ebenfalls im Rottachsee und werden jährlich in großer Zahl abgefischt. Ein gutes Geschäft ist das, vielleicht kann man es ausweiten auf Craspedacusta sowerbii: In Japan und China jedenfalls trocknen und frittieren sie Quallen gerne.

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