Reichertsheim in Oberbayern:Nuller im Haushaltsloch

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Im Rathaus in Reichertsheim haben sich zahllose offene Rechnungen angesammelt (Symbolbild). (Foto: Imago)

Im Etat der Verwaltungsgemeinschaft Reichertsheim stimmen Einnahmen und Ausgaben ganz genau überein. Das ist ein ziemliches Problem, denn beide liegen bei null.

Von Matthias Köpf

Zwischen Weihnachten und Silvester ist das Rathaus der kleinen Gemeinde Reichertsheim geschlossen, und das der noch kleineren Nachbargemeinde Kirchdorf ebenfalls. Es ist ja auch dasselbe, denn beide Orte im Landkreis Mühldorf bilden eine Verwaltungsgemeinschaft. Aber ungestört war man in diesem Rathaus heuer eigentlich schon viel zu lang. Jedenfalls ist es die meiste Zeit offenbar keinem aufgefallen, dass sich die Verwaltungsgemeinschaft Reichertsheim rein formell mit null Einnahmen und null Ausgaben durchs Jahr 2023 geschlagen hat.

Gut, unerwartete Haushaltsprobleme kommen selbst auf den höchsten politischen Ebenen vor. Aber wenn dem Bund plötzlich 60 Milliarden fehlen, bleibt trotzdem noch was übrig, vom Vorzeichen vor manchen Summen mal abgesehen. Aber in Reichertsheim lauteten alle Haushaltsposten für 2023 eben genau: null. Weswegen die dortige Nichtverwaltungsgemeinschaft auch null Gewerbesteuer eingezogen und zugleich selbst einen ziemlich dicken Stapel offener Rechnungen angesammelt hat.

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Irgendjemand, der angeblich nicht mehr zu ermitteln ist, habe einfach den Haushalt aus dem Vorjahr übernommen, "2023" drübergeschrieben, alle Posten auf den Wert null gestellt und im Computer das Häkchen für beschlossen, überprüft und rechtskräftig gesetzt. So ähnlich erklärte Geschäftsleiter Jürgen Seifert laut einem Bericht im Mühldorfer Anzeiger das alles neulich den Gemeinderäten.

Seifert selber war jedenfalls nicht der Häkchensetzer. Er ist von 2008 bis 2020 Bürgermeister von Prien am Chiemsee gewesen und danach nicht zum Landrat von Ansbach gewählt worden. Kandidiert hatte er da jeweils auf öffentliche Stellenanzeigen hin. Inzwischen führt Seifert eine eigene Consulting-Firma für Kommunen - und über die seit November die Geschäfte in Reichertsheim. Die Kämmerei dort hat - ebenfalls vorübergehend - die Kämmerin der Stadt Weiden übernommen.

Die beiden haben inzwischen doch noch etwas gebastelt, das die Gemeinderäte nun rückwirkend als notdürftigen Haushalt für 2023 beschlossen haben. Das Rezept klingt fast bekannt: Auf die Schnelle den längst veralteten Haushalt 2022 übernehmen und einfach die Zahlen ändern. Diesmal wurden aber nicht alle auf null gestellt, sondern mit zehn Prozent Inflationszuschlag übernommen. Der Rest soll später über die Jahresrechnung eingeebnet werden. Einen zusätzlichen Haushaltsposten für die Consulting-Dienste wird es irgendwann aber wohl auch noch brauchen.

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