Regensburg:Wolbergs will zurück auf den Chefstuhl im Rathaus

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Joachim Wolbergs ist derzeit Wahlkämpfer und Angeklagter. (Foto: Armin Weigel/dpa)
  • Joachim Wolbergs ist derzeit in einem zweiten Korruptionsprozess angeklagt. Momentan ist er als Oberbürgermeister suspendiert.
  • Er möchte bei der Kommunalwahl am 15. März wiedergewählt werden. "Wenn ich gewählt werde und ich kriege ein positives Urteil, bin ich im Amt", verspricht er.
  • Ganz einfach ist das allerdings nicht. Es gibt mehrere denkbare Szenarien, wie die Landesanwaltschaft verdeutlicht.

Von Andreas Glas, Regensburg

Neulich hat sich Joachim Wolbergs in einer Videobotschaft zu Wort gemeldet. Auf Facebook, mal wieder. Wolbergs hat über die Oberbürgermeisterwahl gesprochen. Und über den Korruptionsprozess, den zweiten, der inzwischen gegen ihn läuft. Das sind ja seine zwei Rollen: einerseits Wahlkämpfer, andererseits Angeklagter. Dass die Richter noch vor der Kommunalwahl am 15. März ein Urteil fällen, ist alles andere als sicher. Das wurmt Wolbergs, Regensburgs suspendierten Oberbürgermeister. "Ich muss den Leuten jetzt erklären: Wählt mich bitte trotzdem!", stöhnt er in seiner Videobotschaft. Er rät den Regensburger Wählern, sich "nicht kirre machen" zu lassen. Und verspricht: "Die Stimme ist nie verschenkt, nie. Wenn ich gewählt werde und ich kriege ein positives Urteil, bin ich im Amt."

Ist das wirklich so?

Das fragen sich viele Regensburger, die zurzeit an den Wahlplakaten vorbeilaufen, die in der Stadt kleben. Vor sechs Jahren haben sie den SPD-Kandidaten Wolbergs mit einem fulminanten Ergebnis gewählt. In der Stichwahl holte er 70 Prozent der Stimmen. Jetzt tritt er wieder an, diesmal für den Wahlverein "Brücke". Warum? "Weil Aufgeben keine Option ist." So steht es auf einem Plakat der Brücke. Ein anderes Plakat zeigt Wolbergs, wie er mit festem Schritt durch die Altstadt marschiert. Dazu der Schriftzug: "Weiter geht's mit Wolbergs." Das klingt selbstbewusst, selbstbestimmt. Aber so einfach ist das nicht.

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Sollten die Regensburger Wolbergs tatsächlich wieder wählen, gäbe es mehrere Szenarien - aber kaum eines, das ihn automatisch zurück ins Rathaus bringt. Szenario Nummer eins: Wolbergs wird gewählt, aber es gibt noch kein Urteil im zweiten Korruptionsprozess. Dann bliebe er zunächst suspendiert. Das bestätigt auf Nachfrage die Landesanwaltschaft, die Disziplinarbehörde für Beamte des Freistaats: "Eine vorläufige Dienstenthebung bleibt in diesem Falle wirksam."

Szenario Nummer zwei: Wolbergs wird gewählt, kassiert eine milde Strafe oder bleibt trotz Schuldspruchs straffrei, wie im ersten Prozess. Dann gäbe es laut Landesanwaltschaft "Anlass zu einer Überprüfung" der Suspendierung. Doch die Chancen, dass die Suspendierung fällt, wären wohl gering. Schon nach dem ersten Urteil hatte das Verwaltungsgericht eine Wolbergs-Beschwerde gegen die Suspendierung abgewiesen und mitgeteilt, dass am Ende des Disziplinarverfahrens die "Entfernung aus dem Beamtenverhältnis wahrscheinlicher ist als der Verbleib im Amt". Der Verwaltungsgerichtshof wollte sich da zwar nicht festlegen, als er eine weitere Beschwerde abwies. Doch sollte es auch einen zweiten Schuldspruch geben, dürften Wolbergs' Chancen dahin sein.

Szenario Nummer drei: Wolbergs wird gewählt und rechtskräftig zu einer Haftstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt. Dann wäre er automatisch seinen Beamtenstatus los und dürfte nicht mehr zurück ins Amt. Lautet das Urteil auf Bestechlichkeit, reicht dafür sogar eine Strafe von sechs Monaten.

Für Wolbergs bleibt wohl nur Szenario Nummer vier, das ihm Chancen lässt auf eine Rückkehr: Freispruch. Und selbst dann könnte ihm der Schuldspruch aus dem ersten Prozess im Weg stehen. Was auch kurios ist: Selbst wenn die Landesanwaltschaft die Suspendierung nach einem Freispruch oder milder Strafe aufheben sollte, bliebe Wolbergs ein wackeliger OB. Das erste Urteil wird derzeit vom Bundesgerichtshof überprüft - auch gegen das zweite Urteil können die Verfahrensbeteiligten Revision einlegen. Fällt die Revision zu Wolbergs' Ungunsten aus, könnte ihm erneut die Suspendierung drohen.

Für Wolbergs selbst gibt es freilich nur ein Szenario: sein Comeback. Er sagt: "Ich bin davon überzeugt, dass es gut geht. Weil ich habe nichts getan."

© SZ vom 04.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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