Prozess in Nürnberg:Freisprüche nach Solar-Geschäften

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In dem Prozess in Nürnberg ging es abermals darum, ob bei der Einfuhr von Solarmodulen Zölle umgangen wurden. (Foto: dpa)

Die Materie ist komplex und undurchsichtig, die Richter urteilten nach dem Prinzip "keine Strafe ohne Gesetz". Der frühere stellvertretende Landrat von Erlangen-Höchstadt wird nach einer U-Haft entschädigt.

Von Olaf Przybilla, Nürnberg

Christian Pech hat schwere Zeiten hinter sich. Im März 2019 wurde er wegen gewerbs- und bandenmäßigen Steuerhehlerei und der Beihilfe zum gewerbs- und bandenmäßigen Schmuggel am Landgericht Nürnberg angeklagt, zusammen mit fünf anderen Angeklagten, allesamt im Solar-Geschäft tätig. Für Pech aber war es besonders hart, schließlich wurde er als damals stellvertretender Landrat von Erlangen-Höchstadt stets mit vollem Namen genannt überall, auch wenn er als Privatperson angeklagt war.

Der erste Prozess war geplatzt 2019, bei der Neuaufnahme waren nun andere Richter mit der Causa beschäftigt. Auch gibt es inzwischen ein Urteil auf europäischer Ebene, das die hochkomplexe Materie in einem vergleichbaren Fall als nicht strafwürdig ansieht. Dieses zweite Nürnberger Verfahren war deshalb schnell beendet, nicht mal eine Beweisaufnahme hielt die Kammer für notwendig. Es endete mit sechs Freisprüchen.

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Mit Christian Pechs Karriere war es stetig aufwärts gegangen zuvor: Assistent der Nürnberger SPD-Stadtratsfraktion, SPD-Geschäftsführer im Erlanger Stadtrat, Büroleiter bei Renate Schmidt, Fraktionschef im Kreistag, schließlich Vize-Landrat. Die Anklage schien also eine Zäsur zu sein, auch wenn kaum ein Laie verstanden haben dürfte, worum es da ging in der ersten Anklage. Mitarbeiter einer Firma, die mit Solaranlagen handelt, sollten beim Import von Solarmodulen sogenannte Antidumping- und Ausgleichszölle hinterzogen haben.

2013 hatte die EU-Kommission einen zunächst vorläufigen Antidumpingzoll auf aus China importierte Photovoltaik-Module eingeführt. Mithilfe solcher Zölle sollte verhindert werden, dass ausländische Anbieter die EU-Konkurrenz mit niedrigen Preisen aus dem Markt drängen. Der Geschäftsführerin einer Gesellschaft legte die Staatsanwaltschaft zur Last, solche Module aus China unterhalb des vorgegebenen Mindestpreises eingeführt und dies gegenüber Behörden verschleiert zu haben. Angeblich sollten dadurch Zölle in Höhe von 20 Millionen Euro nicht gezahlt worden sein. Mitarbeiter der Firma, darunter Pech, sollten sie unterstützt haben dabei.

Die neue Strafkammer sieht darin allerdings keinerlei Strafbarkeit. Aus Sicht der Richter waren die Strafnormen nicht hinreichend bestimmt - das EU-Recht sei so undurchsichtig gewesen, dass gar nicht klar sein konnte, was überhaupt strafbar ist. Nach dem Prinzip "keine Strafe ohne Gesetz" seien daher nur sechs Freisprüche in Frage gekommen. Die Angeklagten werden entschädigt, unter anderem Pech war in U-Haft. Die Kosten trägt die Staatskasse. Rechtskräftig ist das Urteil allerdings noch nicht, die Staatsanwaltschaft hat Revision angekündigt.

© SZ vom 06.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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