Mitten in Nürnberg:Glühwein, kalt serviert

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Man kann ja geteilter Meinung sein, ob einem das abendliche Rumstehen in der Kälte mit einem heißen, klebrigen Getränk in der Hand nun fehlt oder nicht. Aber was gar nicht geht, ist das, was den Finnen da eingefallen ist

Glosse von Clara Lipkowski

Mit dem Glühwein ist das ja momentan so eine Sache. Darf man ihn draußen nun trinken und wenn ja, wo? Und kriegt man ihn überhaupt zu kaufen? Die Stadt Nürnberg hat dafür klare Regeln geschaffen. Dampfend in Tassen darf er gar nicht mehr rausgegeben werden, weder an den wenigen verbliebenen Weihnachtsbuden, die wenigstens ein bisschen festliche Stimmung verbreiten sollen, noch in den restlichen Cafés, die im Teil-Lockdown tapfer weiterarbeiten. Im Amtsblatt der Stadt kann man einen festgelegten rot markierten Bereich studieren, Hauptmarkt, Einkaufsstraßen, Orte, an denen man sonst mal bei einer Tasse zusammensteht.

Ein italienisches Eiscafé zum Beispiel bietet derzeit alkoholfreien Glühwein an, den richtigen gibt es nur in der Flasche für daheim. Hat Sinn, wer Letzteren kauft, wird ihn wohl kaum am Ort trinken, wer mag schon kalten Glühwein. Nicht im Sinn hatte die Stadt womöglich, dass Deutschland seit Kurzem um eine alkoholische Errungenschaft reicher ist. Eine aus Finnland, die wirklich "allen" schmeckt, wie es in einer Pressemitteilung völlig unprätentiös heißt. Wie die Mail ihren Weg in ein Postfach nach Franken gefunden hat, bleibt indes unklar.

Die Errungenschaft jedenfalls nennt sich Glubbel. Ist ja klar: "Do you like Glühwein? Do you like bubbles?" - so bewirbt es die Firma. Wenn das so ist, so die Botschaft, dann magst du auch Glubbel. Das Geheimnis: Der "prickelnde Glühwein" ist eine Mischung aus Glühwein und Sekt - und den trinke man übrigens kalt.

Das könnte die Glühwein-Hersteller Nürnbergs aufhorchen lassen. Die haben in den 1960er-Jahren auf dem Christkindlesmarkt den Glühwein erstmals als Fertigprodukt etabliert. Von dort ging er auf Eroberungszug in die deutschen Supermärkte, längst hat sich einer der Großproduzenten ein europäisches Patent auf seinen Nürnberger Christkindlesmarkt Glühwein gesichert. Droht nun die kalte Konkurrenz durch die Finnen?

Ein Glück, könnte man sagen, dass die Stadt explizit ein komplettes Verbot nicht nur von heißem Glühwein, sondern Alkohol im Allgemeinen verhängt hat. Zumindest während Corona könnte sprudelnder, kalter Glühwein den Nürnbergerinnen und Nürnbergern in ihrer Stadt also noch erspart bleiben.

© SZ vom 11.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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