Neumarkt-St. Veit:Crowdfunding für die Aktion "Linde 21"

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Die Linden, die den Stadtplatz säumen, müssen alle weichen. Eine von ihnen (links) soll, obwohl sie schon mehr als 60 Jahre alt ist, verpflanzt werden. (Foto: HAK)

In der oberbayerischen Kommune wird der Stadtplatz saniert. Deshalb müssen einige Bäume weichen. Nun will ein Bürgerverein wenigstens den größten retten und verpflanzen.

Von Hans Kratzer, Neumarkt-St. Veit

Vor wenigen Jahren war die Apothekerin Eva Guse noch ein eher unpolitischer Mensch. "Die Politik war für mich existent, jedoch nicht relevant oder in meinem Leben bedeutsam", sagt sie. Ihre Einstellung änderte sich freilich, nachdem der Stadtrat ihrer Heimatstadt Neumarkt-St. Veit beschlossen hatte, im Zuge der Erneuerung der Kanalisation den Stadtplatz mit Mitteln der Städtebauförderung umzugestalten. Die Modernisierung, die der Stadtrat 2019 beschloss, gefiel vielen Bürgern nicht. Es folgte ein Bürgerentscheid, bei dem sich dennoch die Stadt mit ihrem Vorschlag durchsetzte.

Guse hätte sich einen schonenderen Umbau gewünscht. In der zum Beispiel der ortstypische rote Klinker erhalten geblieben wäre. Weil Neumarkt in einer Lehmgegend liegt, wurden für die Pflasterung des Gehbereichs schon vor hundert Jahren Klinker verwendet. "Das ist Teil unserer Geschichte", sagt Guse. Stattdessen wird nun wie in so vielen Orten teurer Granit verbaut. Die Stadt wirbt mit dem Argument, man bekomme nun Ruheoasen zur Erhöhung der Aufenthaltsqualität.

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Auch die Linden, die den Stadtplatz säumen, müssen weichen. Eva Guse und ihr Mann Christian gründeten deshalb ein Bürgernetzwerk, das wenigstens die größte Linde retten und verpflanzen will. Die Stadt hat nichts dagegen, allerdings verlangt sie, dass der Verein die Verpflanzaktion selbst finanzieren muss. Das ist kein Pappenstiel, immerhin ist die Winterlinde schon mehr als 60 Jahre alt und relativ großkronig. Nur wenige Spezialfirmen sind überhaupt in der Lage, einen solchen Koloss zu verpflanzen, ob es gelingt, ist in solchen Fällen oft ungewiss. Trotzdem sagt Eva Guse: "Wir möchten dieser Linde eine Chance geben, weiterhin Sauerstoff zu produzieren, Kohlendioxid zu binden und Insekten als Weide zu dienen." Sie schätzt, es müssten mindestens hundert junge Bäume mit einem Kronenvolumen von einem Kubikmeter gepflanzt werden, um diese Winterlinde zu ersetzen.

Die Verpflanzung ist aus vielen Gründen herausfordernd. So muss vorher sondiert werden, ob Stromkabel oder Leitungen das Wurzelwerk der Linde berühren, ob die Tragfähigkeit der Brücken den Belastungen des 38-Tonners gewachsen und die Straßen breit genug sind. Das Hauptproblem des Projekts "Linde 21" aber ist die Finanzierung, die durch Spenden erfolgen soll. Es geht um die Summe von 7777,21 Euro. Die Kostenschätzung der Spezialfirma beläuft sich auf knapp 6000 Euro. Jedoch könnten durch Überraschungen im Untergrund die Kosten schnell steigen. Nicht zuletzt braucht es rasch einen neuen Standort. Geeignet wäre zum Beispiel die KZ-Gedenkstätte nahe der Stadt. Letztlich hängt die Wahl von der Höhe der Spenden ab, denn jeder Kilometer Transportweg kostet 100 Euro.

Nun drängt die Zeit. Die Stadt will bis zum 15. September wissen, ob die Aktion "Linde 21" stattfinden wird. Bis dahin, sagt Eva Guse, "müssen wir das Geld beisammen haben." Reicht die Summe nicht aus, will der Verein das gespendete Geld an die Kreisgruppe Mühldorf des Bundes Naturschutz und an den Landesbund für Vogelschutz weiterreichen, die ebenfalls die Aktion "Linde 21" unterstützen (weitere Informationen: Telefon 08639-985580).

© SZ vom 02.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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