Bundeswehr:Kritiker nehmen erstmals an Gedenkfeier der Gebirgsjäger teil

Lesezeit: 2 min

Das Ehrenmal auf dem Brendten wurde 1957 eröffnet; die zwei Steinblöcke sind je 14 Meter hoch. (Foto: Matthias Schrader/dpa)
  • Jedes Jahr zu Pfingsten wird oberhalb von Mittenwald der toten Gebirgsjäger aus zwei Weltkriegen und der Zeit danach gedacht.
  • Dieses Mal soll ein Kranz dabei sein, wie er am Brendten noch nie gelegen hat, einer für die zahllosen Menschen, die den Gebirgsjägern der Wehrmacht in vielen Ländern Europas zum Opfer gefallen sind.
  • Dazu wurde ein umfangreiches Arrangement zwischen zahlreichen Parteien ausgearbeitet.

Von Matthias Köpf, Mittenwald

An die zwei Dutzend Kränze werden es wohl wieder werden, erwartet Klaus Esper. Er wird am Donnerstag jedenfalls wieder genügend Metallbügel dafür mitnehmen auf den Hohen Brendten, wenn der "Kameradenkreis der Gebirgstruppe" wie jedes Jahr zu Pfingsten seine Brendtenfeier abhalten und dabei auf 1138 Metern oberhalb von Mittenwald der toten Gebirgsjäger aus zwei Weltkriegen und der Zeit danach gedenken wird.

Ortskameradschaften wie die von Esper aus Mittenwald werden Kränze niederlegen, Vertreter des Armeemuseums Ingolstadt und der Bundeswehr aus der örtlichen Edelweiß-Kaserne. Wenn alles läuft wie vereinbart, wird dieses Mal aber auch ein Kranz dabei sein, wie er am Brendten noch nie gelegen hat: ein Kranz vom "Arbeitskreis Angreifbare Traditionspflege" für die zahllosen Menschen, die den Gebirgsjägern der Wehrmacht in vielen Ländern Europas zum Opfer gefallen sind.

Historie
:Der Talchronist

Der in Berlin geborene und in Siegen aufgewachsene Jost Gudelius ist ein Kenner der Jachenau. Seit vielen Jahren erforscht und notiert er die örtliche Geschichte

Von Arnold Zimprich

Eine kleine Delegation des Arbeitskreises soll diesen Kranz niederlegen, nach eigenen Angaben begleitet von Pandora Ndoni, die in jungen Jahren in Albanien ein Massaker der deutschen Gebirgsjäger überlebt hat. Der Arbeitskreis, der die Brendtenfeiern über viele Jahren hinweg äußert kritisch begleitet hat, erklärt seine erstmalige formelle Teilnahme an der Zeremonie zur "internationalen Gedenkinspektion". So wolle man die Einhaltung des Traditionserlasses überprüfen, welcher der Bundeswehr eine positive Bezugnahme auf die Wehrmacht verbietet. Schon am Mittwoch wird der Arbeitskreis während des Kameradschaftsabends der Gebirgsjäger in Mittenwald eine Kundgebung abhalten und im Rathaus einen Dokumentarfilm über Wehrmachtsverbrechen in Griechenland zeigen.

All dies ist Teil eines Arrangements, das der Arbeitskreis, der Kameradenkreis und die Mittenwalder Polizei bei einen Vorgespräch im Garmischer Landratsamt getroffen haben. Der Kameradenkreis, ein eingetragener Verein mit Sitz am Standort der deutschen Gebirgsjägerbrigade in Bad Reichenhall, ist Eigentümer des Areals am Brendten und auch des 1957 errichteten Ehrenmals aus den zwei 14 Meter hohen Steinblöcken. Er hat dort das Hausrecht und gesteht den Kritikern nun erstmals eine offizielle Teilnahme an der Gedenkfeier zu.

Im Gegenzug erhofft er sich, dass die Feier, bei der Verteidigungsstaatssekretär Peter Tauber (CDU) ein Grußwort sprechen wird, ungestört bleibt. Der Arbeitskreis habe zugesichert, "die Würde der Veranstaltung als Gedenkfeier und Gottesdienst zu wahren und nicht für politische Agitation zu missbrauchen", teilt Hans Sahm, Oberst a. D. und Präsident des Kameradenkreises, mit. Der aktuelle Kommandeur der Bundeswehr-Gebirgsjäger, Brigadegeneral Jared Sembritzki, sekundiert: "Wir haben gemeinsam mit dem Kameradenkreis viel dafür getan, eine angemessene Traditionspflege zu etablieren. Dazu gehört auch der Umgang mit Kritik."

Dieser Umgang war bis vor wenigen Jahren eher von Konfrontation als von Kooperation geprägt. Von 2002 bis 2009 waren zur Brendtenfeier teils mehrere Hundert Demonstranten durch Mittenwald gezogen und hatten angeprangert, dass am Brendten sehr viel von guten Kameraden, aber nur sehr wenig von Kriegsverbrechen und zivilen Opfern die Rede war. Die Proteste ließen nach, als die Gemeinde 2010 ein Mahnmal für die Opfer an der Mittelschule aufstellte. Und Greise in grauen Wehrmachts-Bergmützen, darunter einst immer wieder ehemalige Mitglieder von SS-Einheiten, gibt es schon seit einigen Jahren fast gar nicht mehr am Hohen Brendten.

© SZ vom 05.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Zweiter Weltkrieg in Griechenland
:Lyngiades - ausgelöscht von deutschen Gebirgsjägern

Die Wehrmacht hat 1943 in dem griechischen Dorf 82 Frauen, Greise und Kinder massakriert. Ein Gespräch mit dem Rechtshistoriker Christoph Schminck-Gustavus, der das bestialische Verbrechen dokumentierte.

Von Oliver Das Gupta

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: