Mitten in Leipheim:Das Schloss und der Poller

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Als Residenzen haben sie an Bedeutung verloren, doch Streitigkeiten um Schlösser gibt es in Bayern weiter zuhauf. In Leipheim machen sie sich nun daran, dieser Historie ihr eigenes Kapitel hinzuzufügen.

Von Maximilian Gerl

Sollte jemand die Annales ducum Boiariae - die "bayrische Chronik" aus dem 16. Jahrhundert - fortschreiben wollen, wäre ein eigenes Kapitel über Schlösserstreitigkeiten eine Erwähnung wert. Als Residenzen haben Schlösser zwar an Bedeutung verloren. Doch dank Zeitungsberichten ließe sich eine lange Liste füllen, wo sie in Bayern weiter im Mittelpunkt stehen. So gab es 2019 Zank, wem das Torhaus des Schlosses zu Otting gehört, das über selbigen ganz einsturzgefährdet geworden war. In Pappenheim lagen 2020 Schlossbewohner und Stadt im Clinch, unter anderem wegen einer vier Quadratmeter kleinen Straßenfläche. Und 2021 gab es rund um das Fuggerschloss Biberbach einen Disput, als zwischen Rathaus und Einheimischen unterschiedliche Vorstellungen über eine Bebauung am Burgberg kollidierten.

In Leipheim beginnen sie dieser Tage jedenfalls schon mal, diesem Kapitel einen Absatz hinzuzufügen. Als Stein des Anstoßes dient dort ausweislich der Dokumentation durch die Günzburger Zeitung ein versenkbarer Poller. Den installierte demnach die Stadt bei der Zufahrt zum Schlosshof: wegen diverser Veranstaltungen im Schloss und weil das Parken dort aus Brandschutzgründen nicht erlaubt sei. Was den Schlossherrn verärgerte: 15 Jahre lang sei das Parken kein Problem gewesen, außerdem habe er Zugangsrecht zu seinem Grundstück. Worauf er hingewiesen wurde, dass er mit Kauf des Schlosses keine "Mitbestimmung an der öffentlichen Nutzung der Fläche" erworben habe, das Vorgehen der Stadt also rechtens sei. Worauf wiederum der Schlossherr via Zeitung mitteilte, das Schloss notfalls zu verkaufen: Solle sich doch ein Nachfolger "um ein Zufahrtsrecht rumprügeln".

Was macht man da jetzt? Als die ursprünglichen Annales ducum Boiariae entstanden, hätte man in solchen Fällen den Landesherrn oder gleich den Kaiser angerufen. Aber bislang hat Markus Söder keine Anstalten auf Vermittlung erkennen lassen. Bleiben also der Gang vors Gericht oder selber einen Kompromiss zu finden. Laut der Chronik des Leipheimer Schlossstreits wäre der Bürgermeister zumindest bereit, dem Schlossherrn die Fernbedienung für den Poller zu überlassen - aber nicht, um ihn zum Parken zu versenken, sondern nur, wenn er mal vorfahren muss, um schwere Dinge auszuladen.

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