Mitten in Bayern:Dahoam gibt's koa Corona

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Seit 13 Jahren läuft im Bayerischen Fernsehen die Serie "Dahoam is dahoam". Das Coronavirus ist in dieser Welt noch nicht angekommen. (Foto: Niels P. Joergensen)

Im Serienort Lansing ist die Welt meistens heil, sogar jetzt, wenn der Rest der Welt vom Virus heimgesucht wird. Auf die Fernsehserie "Dahoam is dahoam" wirkt sich das nur indirekt aus - etwa auf das Durchschnittsalter der Schauspieler.

Kolumne von Johann Osel

Es ist pure Dankbarkeit, die auf der Facebookseite der Serie "Dahoam is Dahoam" in Kommentaren zu lesen ist. "Es ist bestimmt schwer, unter den Umständen zu drehen. Danke, dass ihr das für uns auf euch nehmt." Oder: Ohne "unser Highlight von Montag bis Donnerstag" würde etwas fehlen im Leben. Die Heimatsoap im Bayerischen Fernsehen ist auch nach zwölf Jahren Quotenbringer, vor allem aber ist sie fürs Publikum oft identitätsstiftender Teil des Alltags geworden. So sehr, dass Realität und Fiktion mitunter verwischen: Fand im Filmdorf Lansing ein Serientod statt, sollen schon mal Kondolenzbriefe angekommen sein. Und als Bürgermeisterkandidatin Rosi in Intrigenspielen mitmischte, gab's im Netz erboste Wahlaufrufe für die Gegenseite. Fans lieben das Stück (meist) heile Welt mit Geschichten aus dem Leben. Aktuell so heil, dass Corona Lansing nie erreicht hat. Dahoam ist virusfrei.

Mit Sorge wurde aber registriert, dass die Pandemie zunächst einen Drehstopp erforderte. Eine Sendelücke gab es aber nicht. Szenen werden vorgedreht, so hatte man bis in den Mai Stoff - solchen aus der alten Zeit. Da wurde im Fernsehen gebusselt und umarmt, am Muttertag frönten die Landfrauen kollektiv dem Likör ("Her mit de Glasl!"). Mittlerweile wurde das Drehbuch umgeschrieben und die Arbeit am Set reaktiviert - mit Hygieneregeln. Läuft die Kamera nicht, trägt man Maske.

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Lansing ist coronafrei, und doch erkennt man die Umstände im fertigen Produkt. Es wird viel, sehr viel im Wald gejoggt. Alle halten Distanz, Hubert will seine Uschi küssen, steigt aber vor den Lippen auf ein Spielzeug der Tochter. Cut. Ältere Darsteller aus der Risikogruppe fehlen. Konkret: Die Uroma urlaubt, der Kioskmann ist ewig auf einer Vogelkundetagung, Pfarrer, Altlandrat oder ergrauter Dorfhippie tauchen nie auf. Die Jugend übernimmt das Filmdorf. Das freut nicht alle, der bekannte Darsteller Gerd Lohmeyer (in der Rolle auf der Vogeltagung) plädierte in der Abendzeitung verstimmt für Eigenverantwortung. In der Branche ist die Ausgrenzung Älterer Thema, wie neulich der Deutschlandfunk berichtete.

Ob nicht doch ein Dorf mit Corona realer und besser wäre? Fans im Netz insistieren: "Bitte nicht mit Maske ausstrahlen! Wir sind froh noch ein Stück normales Leben zumindest im Fernsehen zu sehen."

© SZ vom 04.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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